[Our houses are one step from the gutter]

Our houses are one step from the gutter. Plastic curtains
or cheap prints hide what is dark behind windows –
the pedalled sewing machine, the photos, the paper rose
on its doily. The porch rail is lined with red tins.
A man’s passing height is the same size as their doors,
and the doors themselves, usually no wider than coffins,
sometimes have carved in their fretwork little half-moons.
The hills have no echoes. Not the echo of ruins.
Empty lots nod with their palanquins of green.
Any crack in the sidewalk was made by the primal fault
of the first map of the world, its boundaries and powers.
By a pile of red sand, of seeding, abandoned gravel
near a burnt-out lot, a fresh jungle unfurls its green
elephants’ ears of wild yams and dasheen.
One step over the low wall, if you should care to,
recaptures a childhood whose vines fasten your foot.
And this is the lot of all wanderers, this is their fate,
that the more they wander, the more the world grows wide.
So, however far you have travelled, your
steps make more holes and the mesh is multiplied –
or why should you suddenly think of Tomas Venclova,
and why should I care about whatever they did to Heberto
when exiles must make their own maps, when this asphalt
takes you far from the action, past hedges of unaligned flowers?

© by Carl Hanser Verlag München Wien 2001
Aus: Mittsommer / Midsummer
München Wien: Carl Hanser Verlag, 2001
ISBN: 3-446-20102-5
Audioproduktion: 2001 M.Mechner, literaturWERKstatt berlin

Mittsommer VII

Von unseren häusern ist es nur ein schritt in die gosse. Plastikvorhänge
oder billige drucke verdecken das was hinter den fenstern im dunkeln bleibt –
die pedalbetriebene nähmaschine, die photos, die papierrose
am spitzendeckchen. Rote blechdosen, am verandageländer aufgereiht.
Der türsturz ist gerade einmal hoch genug um die menschen -durchzulassen
und im gitterwerk der türen selbst, die normalerweise genauso breit
wie särge sind, finden sich manchmal kleine halbmonde eingeschnitzt.
Die hügel haben kein echo. Nicht das echo das ruinen besitzen.
Das unbebaute land nickt mit dem palankin seines grüns.
Jeder riß im gehsteig hat seinen ursprung in den verwerfungen
der ersten karte der welt, ihren grenzen und mächten.
Neben einem haufen rotem sand, übrig gebliebenem kies voller unkraut
auf einem ausgebrannten grundstück, stellt der dschungel aufs neue
die grünen elefantenohren wilder jamswurzeln und kolokasien auf.
Ein schritt über die niedere mauer, nimmt man sie im lauf
bringt eine kindheit zurück und ihre kletten schlingen sich um den fuß.
Und dies ist das terrain für jeden reisenden, dies ist sein los
daß je weiter er geht, die welt nur um so weiter wird.
Gleich wo man überall herumgekommen ist, jeder schritt hinterläßt
bloß weitere stapfen bis man sich in einem labyrinth verirrt –
warum solltest du sonst auf einmal an Tomas Venclova denken
und weshalb es mir etwas ausmachen was sie Heberto angetan haben
wenn exilanten sich ihre eigene karte zeichnen müssen, dieser asphalt
dich vom eigentlichen geschehen entfernt, an hecken vorbei
die mit ihren blumen nie irgendeiner linie treu geblieben sind.

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Aus: Derek Walcott: Mittsommer / Midsummer. Zweisprachige Ausgabe.

Aus dem karibischen Englisch übersetzt von Raoul Schrott.

München, Wien: Carl Hanser Verlag 2001 [Edition Akzente]