[125 Episoden Monk]

125 Episoden Monk. In Worten: einhundertfünfundzwanzig Episoden, Monk!
Stell’ dir vor, wie oft du mich begleitet hast in deiner Trauer, ohne Trudy, deine Frau,
zu sein. Aber ja, wie oft denn eigentlich? Hast du einmal nur erzählt, was hundertfünf-
undzwanzigmal geschehen ist, o. hundertfünfundzwanzigmal, was einmal … usw. usf.?

Hast alle widerlegt, Sigi den Beweis erbracht, dass Trauerarbeit eine Irreführung ist,
Werner plausibel vorgemacht, wie sogenannter Umgang mit Verlusten Phrasen drischt,
die Zeit der Lüge überführt, die Wunden restlos heilen soll. Sie heilt nichts, weder die
noch die u. weder viel noch wenig. Ich habe alle Skripte durch u. muss zum Schluss

zum Schluss, dass Schweigen größer ist als Sprechen. Auf der Rückseite des Teppichs
streichst du nämlich Silben wie die zweite aus dem Umgang durch, als seiest du statt
Trudy um … Selbstbetrug? Ist dies der Kompromiss? Sprich: Ich könnte leben, tu’ es
jedoch nicht? Du sprichst wie Franz! Sprich: Ich leb’ wie nicht? Jetzt sprichst du

wie Tassilo Herbert! Sprich: Ich kann nicht leben in genormter Zeit normal? Sprich
doch nicht wie Victor fast, nicht fast wie Teddie! Sprich für dich u. nicht von and’ren
Warten aus! … u. wie nun äußert sich die Trauer? Als Angst vor jeglicher Veränderung.
Würd’ lachen, wenn’s mich nicht beträfe. Wie ich Reisen sehe, dazu stehe?

Geh mir weg mit Reisen! In die Berge, um zu wandern? Ich käme bis zur ersten Bank!
Aber wenn ich wirklich in die Berge reiste, ich würd’ am liebsten geradeaus nach oben
bis zum Gipfel, nähme selbst den Umweg, auf u. ab u. zick u. zack. Wär’ es bloß
nicht tragikomisch, wenn du sagst, ich habe mit Veränd’rung kein Problem, nur will ich,

wenn sie eintritt, nicht in ihrer Nähe sein. Monk, auch ich kann komisch sein. Hör’ zu:
Der einst als Leninist der FAZ Beschimpfte – lies ihn mal! – vertritt die Meinung,
Sahne sei fürs Kochen, was fürs Schreiben Kitsch. Ich sag’ dazu nur: Nö, mein Kitsch
ist Schmand. Ist das nicht sauer u. saukomisch, beinah tragikomisch? Lassen wir’s so steh’n.

Heißt die Mitte von nicht leben u. noch nicht gestorben sein nicht Schreiben, Monk,
Askese, drin des Leichnams Lage imitiert wird? Ist der Alk Thromboseprophylaxe,
ist der Kaffee, ist das Qualmen wie ein Schlot Genuss? Am Ende wird ein jeder eingeholt.
Der da oben kennt rein gar nichts, u. heilig ist ihm nichts. Auch Sünde schafft Erlösung.

Ist es schlicht u. einfach Materialermüdung, ist man Baum im Spätholzstadium,
sind die Jahresringe angezählt? Trotzdem piesackt, piekst Gewissen einen an.
Hätte, hätte, Fahrradkette, rette sich wer kann. Was tun? Ich frag’ für einen Freund,
doch auch für Kant, für Marx u. für Godard. Auf irgendeine Fremdeinwirkung warten?

Es ist ein großer Trost, dass Franz nicht feuershalber Funken schlug. Mit dem Schreiben
wollt’ er einzig u. alleine seinen Leichnam luminieren. Nur eins bleibt vage: ob von außen
o. innen. Ihm schwebt die Leuchtkraftkompetenz von Käfern vor? Ist der Leichnam
ein sakrales Fenster? Sonne dringt durch Buntglas u. Symbolik in den Kircheninnenraum?

Wie begeht man einen Leichnam? … o. schreibt man ohne Zeug zum Schreiben?
Wie die Jahresringe ihres Baums Geschichte? Was, wenn einer dunkel schreibt, Recht-
schreibfehler Dunkles obendrein verdunkeln u. der Steig’rung höchste Stufe der Beleuchtung
nicht mehr dient? Wie kontrastvermittelt röntgen, wenn vom Dunkel einer herkommt?

© Schöffling
Aus: was Petersilie über die Seele weiß
Frankfurt am Main: Schöffling & Co. Verlagsbuchhandlung GmbH, 2020
Audioproduktion: Haus für Poesie, 2022

[125 episodes of Monk]

125 episodes of Monk. In words: one hundred & fifty episodes, Monk!

Just imagine how often you joined me in your grief, to be without Trudy,

your wife. But how often was it?! Did you describe only once what happened a hundred & twenty-

five times, or a hundred & twenty-five times what happened … & so on?


You debunked them all, presented proof to Sigi that grief work is a sham,

laid out to Werner that Umgang, “coping with loss,” is a hollow buzzword,

exposing time, that supposed miracle cure, as a liar. It cures nothing, not these

let alone those. I’ve made it through all scripts & can now conclusively


conclude that zipping lips is greater than speaking. On the flip side of the carpet,

that is, you strike syllables like the second of Umgang, as if your time were up

& not Trudy’s … Delusion? Is that the compromise? As in: I could live, but just

don’t? You’re talking like Franz! As in: I live like I don’t? Now you’re talking


like Tassilo Herbert! As in: I can’t live a regular life in regulated time? Don’t

talk almost like Victor or almost like Teddie! Speak for yourself & don’t put words

in other mouths! … & how does grief manifest then? As fear of any change.

I’d chuckle if I weren’t implicated. You want to hear my take on traveling?


Leave me be with travel chatter! Mountains, hiking? I’d reach the first bench!

But if I ever made it to the mountains I would prefer to march straight on up

to the summit, or even take the long cut, up & down & zig & zag. If only it

weren’t tragicomedy when you said you’ve got no trouble with change, you just


don’t want to be around when it happens. Monk, I can do comedy too. Listen up:

That guy the FAZ once branded a Leninistcheck out his stuff!—maintains

that cream is to cooking what kitsch is to reading. My two cents: Nah, my kitsch

is sour cream. Isn’t that some bitter comedy, practically tragicomedy? Let’s drop it.


Monk, don’t you think the midpoint between not alive & not yet dead is writing,

asceticism, mimicking in it the status of a corpse? Is the booze anti-thrombosis,

is the coffee, are the smokes pleasure-chimneys? In the end we each get our summons.

The man upstairs knows nothing, & nothing is sacred to him. Even sin creates redemption.


Is it plain & simple material fatigue, are we trees in the summerwood stage,

are our rings numbered? All the same your conscience pesters, prods at you.

Shoulda, coulda, woulda, betta get out if you can. What to do? Asking for a friend,

but also for Kant, Marx, & Godard. Wait around for some outside intervention?


It’s a huge relief that Franz didn’t strike sparks for the sake of fire. In writing

he hoped to illumine his corpse, plain & simple. Just one part left vague: from

the outside or inside? Is he imagining the bioluminescence of beetles? Is a corpse

a sacred window? Sun seeping through stained glass & symbolism into the nave?


How can someone solemnly trespass a corpse? … or write without writing supplies?

The way yearly rings do their tree’s history? What if someone writes darkly, & spell-

ing errors darken dark for good measure & the superlative can no longer serve

illumination? How can you radiocontrast if a person comes over from darkness?

Translated from the German by Jake Schneider