Sabine Scho
deutsch
GRASS
All morning reed-cutters swing
their arms near the river.
All morning I hear them balancing
among the perfection of those arcs.
A cold circle of sound picks up
the moon in the glint of each blade.
Each stroke comes in on the surest
wave; each blade reaches my heart
in regular rhythm. Who are these
men scything grass? All day, the moon
unknown to itself, floats like a bird;
and there's a sound too in the wind
of many imponderable things.
This river goes on. And all day,
I've listened, held between earth
and sky, wishing I too could take
my work into the cold; wishing
I too could find precision among
unweighable songs; here where
the river curves, here where the moon
dies, here where the wind eddies -
and here, where the men poise -
then scythe their absolute measures.
Aus: Wolf notes
Sydney: Giramondo, 2003
Audioproduktion: M.Mechner, literaturWERKstatt berlin, 2003
GRAS
Den ganzen Morgen schwingen Schilfschnitter
ihre Arme nah am Fluss.
Den ganzen Morgen höre ich sie balancieren
inmitten ihrer perfekt geschwungenen Bögen.
Ein kalter Klangkreis nimmt den Mond
im Schimmer jeder Klinge mit.
Jeder Schwung kriegt sicher
die Kurve, jede Klinge streift mein Herz
in einem runden Rhythmus. Wer sind
diese Gras sichelnden Männer? Den ganzen Tag
torkelt der Mond, vogelgleich, sich selber
fremd; da ist auch ein Knistern im Wind
von vielen undurchdringlichen Dingen.
Alles im Fluß. Und den ganzen Tag
hörte ich zu, fixiert zwischen Himmel
und Erde, und wünschte mir, auch
ich nähme mein Werk mit in die Kälte;
auch ich fände Präzision inmitten
unergründlicher Lieder; hier, wo
der Fluss sich windet, hier, wo der Mond
umkommt, hier, wo die Winde wirbeln –
und hier, wo die Männer schwerelos –
ihre absoluten Maße sensen.
auch in: Hochzeit der Elemente. Zeitgenössische australische Dichtung.
Hg. von Ivor Indyk
Köln: Du Mont 2004