Simon Werle
deutsch
Step
The ceremonial funeral structure for a monk
made up of thambili palms, white cloth
is only a vessel, disintegrates
completely as his life.
The ending disappears,
replacing itself
with something abstract
as air, a view.
All we'll remember in the last hours
is an afternoon—a lazy lunch
then sleeping together.
Then the disarray of grief.
On the morning of a full moon
in a forest monastery
thirty women in white
meditate on the precepts of the day
until darkness.
They walk those abstract paths
their complete heart
their burning thought focused
on this step, then this step.
In the red brick dusk
of the Sacred Quadrangle,
among holy seven-storey ambitions
where the four Buddhas
of Polonnaruwa
face out to each horizon,
is a lotus pavilion.
Taller than a man
nine lotus stalks of stone
stand solitary in the grass,
pillars that once supported
the floor of another level.
(The sensuous stalk
the sacred flower)
How physical yearning
became permanent.
How desire became devotional
so it held up your house,
your lover's house, the house of your god.
And though it is no longer there,
the pillars once let you step
to a higher room
where there was worship, lighter air.
Published with permission of the author
Aus: Handwriting
Toronto: McClelland and Stewart, 1998
Audioproduktion: Literaturwerkstatt Berlin 2010
Schritt
Der zeremonielle Grabbau für einen Mönch,
bestehend aus Thambili-Palmen, weißem Tuch,
ist nur ein Gefäß, zerfällt
vollständig wie sein Leben.
Das Ende verschwindet,
ersetzt sich selbst
durch etwas Abstraktes
wie Luft, eine Aussicht.
Alles, woran wir uns erinnern werden in den letzten
Stunden,
ist ein Nachmittag – ein träges Mittagessen,
dann zusammen schlafen.
Dann die Wirrnis des Kummers.
An einem Vollmondmorgen
in einem Waldkloster
meditieren dreißig Frauen in Weiß
über die Gebote des Tages
bis zur Dunkelheit.
Sie gehen jene abstrakten Pfade
ihr ganzes Herz
ihr brennendes Denken konzentriert
auf diesen Schritt, dann diesen Schritt.
In der roten Ziegeldämmerung
des heiligen Vierecks,
unter heiligen siebenstöckigen Ambitionen,
wo die vier Buddhas
von Polonnaruwa
auf jeden Horizont hinausblicken,
steht ein Lotospavillon.
Höher als ein Mensch
stehen neun Lotosstiele aus Stein
einsam im Gras,
Säulen, auf denen einst
das Fundament eines zweiten Stockwerks ruhte.
(Der sinnliche Stiel
die heilige Blume)
Wie körperliche Sehnsucht
beständig wurde.
Wie Begehren zu Frömmigkeit wurde,
so daß es dein Haus aufrecht hielt,
das Haus deines Geliebten, das Haus deines Gottes.
lind obwohl es nicht mehr da ist,
ließen die Säulen dich einst hinaufgehen
in einen höheren Raum,
in dem Andacht war, leichtere Luft.
Aus: Handschrift, Gedichte © Hanser Verlag, München 2001