Nirgendwo mehr hin

Werden auf der Brücke bleiben,
eines in des andern Armen,
küssen sich, weit offne Augen
werden in den Mond sehn.

Haben Vater, Mutter wohl,
haben sie vergessen.
Sind so jung und schon so schwer,
wenn sie sich im Kreis drehn.

Werden Himmeln und Laternen
Liebe und den Ausbruch schwören.
Doch die Lichter, Straßen bleiben
stumm, es wird nur Wind wehn.

Werden von der Brücke nicht mehr,
nicht für Eltern, für die Katz,
nur noch sich und sich gehören,
nirgendwo mehr hin gehn.

© Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 1994
Aus: Nicht wirklich platonisch. Gedichte
Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag , 1994
ISBN: 3-518-40571-3
Audioproduktion: 2001 M. Mechner, literaturWERKstatt berlin

Mitternacht


Es war Mitternacht, als der Wächter kam und ein paar Namen von einer Liste ablas, die er in der Hand hielt. Wir bebten vor Angst. Er sagte: „ Folgt mir!“ Verwirrt fragte ein junger Mann: „Wo sind meine Schuhe?“ Der Wächter schrie: „Ohne Schuhe, los, los!“ Wir sahen Schatten von Soldaten mit Gewehren auf der Mauer. Sie gingen hinaus. Es wurde still. Dann hörten wir Schüsse und heulen. Ich stand schweigend auf und zog seine Schuhe an.

Aus dem Arabischen übersetzt von Fadhil Al-Azzawi