Königreich der Adern im Ahornblatt

Folgsam schwanken Bäume, duldsam zanken
Träume, sagt man im Dorf. Langsam neigt sich
der Abend, freundlich die Gesichter der Hunde.
Sie zündet ein Streichholz an, wirft's in die Pfütze.

Treibt man Tiere über die Straße, wird auch sie
von Wesen getrieben hinausgehn zu den Felsen,
sichert sie zu, ist allein. Am Tag als das Dorf
sich bewaffnet, trabt ein Pferdchen müde

über ein Blumenwieslein. Sie findet das Pferdchen,
streichelt's, es schüttelt sich, die beiden lächeln sich zu.
Im Dorf werden Maischefässer bereitet fürs Fest,
in einem davon schläft ihr Kind. Daheim

vor dem Fenster sprießt eine Pflanze, gegossen
von Regen. Ich bin ein Geschoss, eine Wand,
eine Axt, ein Treibgut von Fröschen verfolgt,
ein zu spät begriffener Abschied, ein Handtuch,

ein Schnupftuch, ein Tierchen von vielen.
Man sieht mich an Türschwellen sitzen, taxiert mich,
noch bevor man mit Blicken begreift,
dass ich nackt bin. Pochen von innen.

Bäume schwanken im Wind, winken Gräsern zu.
Wieder das Pochen. Wirst du mich finden?
Wirst du dein Haus jemals verlassen?
Das Pferd richtet seinen Blick in die Steppe.

© Yevgeniy Breyger
Audioproduktion: Haus für Poesie, 2019

Kingdom of the Maple Leaf’s Veins

Trees that sway, obey; dreams quarrel
in tranquility, they say in the village. Slowly
the evening declines, the dogs’ faces friendly.
She lights a match, throws it into a puddle.

If you drive animals across a road, she too,
driven by beings, will go out to the cliffs,
she promises—but she is alone. The day
the village arms itself, a foal trots tiredly

across a meadow full of flowers. She finds
the foal, strokes it; it shakes itself, they smile
each at the other. In the village, barrels of mash
are prepared for the feast; in one of them,

her child sleeps. At home, before the window,
a plant shoots, watered by the rain. I am
a shell, a wall, an axe, flotsam followed
by frogs, a farewell too late understood, a hand

towel, a handkerchief, one little animal
of many. You see me sitting at thresholds, size
me up, even before you realize
I am naked. Beating from within.

Trees sway in the wind, grasses wave.
Again the beating. Will you find me?
Will you ever leave your house? The horse
directs its gaze out over the steppe. 

Translated by Sandra Meek
VERSschmuggel 2019, poesiefestival berlin
Language Mediator: Catherine Hales