Jan Wagner

deutsch

 

quittenpastete

wenn sie der oktober ins astwerk hängte,
ausgebeulte lampions, war es zeit: wir
pflückten quitten, wuchteten körbeweise
gelb in die küche

unters wasser. apfel und birne reiften
ihrem namen zu, einer schlichten süße -
anders als die quitte an ihrem baum im
hintersten winkel

meines alphabets, im latein des gartens,
hart und fremd in ihrem arom. wir schnitten,
viertelten, entkernten das fleisch (vier große
hände, zwei kleine),

schemenhaft im dampf des entsafters, gaben
zucker, hitze, mühe zu etwas, das sich
roh dem mund versagte. wer konnte, wollte
quitten begreifen,

ihr gelee, in bauchigen gläsern für die
dunklen tage in den regalen aufge-
reiht, in einem keller von tagen, wo sie
leuchteten, leuchten.

© 2016 Hanser Berlin im Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG, München
Aus: Selbstporträt mit Bienenschwarm. Ausgewählte Gedichte 2001- 2015
München: Hanser Berlin, 2016
Audioproduktion: Literaturwerkstatt Berlin 2010