Daniele Vecchiato
Übersetzer:in
auf Lyrikline: 8 Gedichte übersetzt
aus: deutsch nach: italienisch
Original
Übersetzung
campo san polo
deutsch | Carl-Christian Elze
jeden morgen und jeden abend sitze ich auf einer roten bank
und lade mein blut auf mit den sprüngen der hunde
von campo san polo. sie fliegen mit glänzenden augen
und pulsierenden zungen über ein steinmeer mit acht
grünen mastbäumen und verrottenden tauben.
sie begreifen kein gefängnis, solange sie spielen:
sie schweben. ich versuche sie anzulocken, jeden morgen
und jeden abend mit einem brocken zärtlichem deutsch
in meiner ausgestreckten hand, aber sie halten abstand
trauen weder meinen worten noch meiner hand.
sobald sie abgeführt werden, in die umstehenden häuser
lauf ich zurück zum palazzo, der mir nichts bedeutet
der mich nicht wärmt, der mir seine größe aufdrängt
wie ein impotenter herrscher und verliere den faden.
nachts zucken meine pfoten im traum, im salotto
als wär ich einer von ihnen: ein hund von san polo.
doch sobald ich erwache, bin ich wieder ein mensch
dem alle tiere mit zweifeln begegnen.
wie konnte ich glauben, venedig zu bestehen
ohne die zuversicht eines hundes, der seine ängste verspeist
solange er fliegt
über ein steinmeer mit acht grünen mastbäumen –
aus: langsames ermatten im labyrinth
Berlin: Verlagshaus Berlin, 2019
Audio production: Haus für Poesie / 2018
campo san polo
italienisch
ogni mattina e ogni sera siedo su una panchina rossa
e mi ricarico il sangue con i salti dei cani
di campo san polo. volano con occhi lucenti
e lingue pulsanti sopra un mare di pietre con otto
verdi alberi di maestra e piccioni in decomposizione.
non conoscono gabbie, fintanto che giocano:
sono sospesi. cerco di attrarli a me, ogni mattina
e ogni sera con un osso, il mio tedesco affettuoso
nella mano tesa, ma loro si tengono a distanza
non si fidano delle mie parole, né della mia mano.
appena li conducono via, nelle case d’intorno
faccio rientro a quel palazzo, a cui non tengo
che non mi riscalda, che mi impone la sua grandezza
come un sovrano impotente e perdo il filo.
la notte sento le zampe guizzare nel sonno, in salotto
quasi fossi uno di loro: un cane di san polo.
ma appena mi sveglio sono ancora un uomo
che tutti gli animali trattano con sospetto.
come potevo credere di scampare a venezia
senza la fiducia di un cane, che ingoia le proprie paure
fintanto che vola
sopra un mare di pietre con otto verdi alberi –
unsere mütter haben uns auf einem flughafen ausgesetzt
deutsch | Carl-Christian Elze
unsere mütter haben uns auf einem flughafen ausgesetzt
ohne gepäck, blutig und nackt, entkabelt.
einige haben sofort geschissen, klebrig und schwarz
so schwarz, als wäre der teufel aus uns herausgetreten
und so klebrig, als könnten wir niemals mehr schweben
was so nicht stimmt, wir schweben sofort
mit einem arsenal von grausamkeiten, auf einem flughafen
der selber schwebt. unser flughafen ist gefüllt
mit ländern, städten und winzigen flughäfen, die nur
vom namen her flughäfen sind, in wirklichkeit:
flitzende punkte, obwohl worte wie flitzende punkte
in wirklichkeit nirgendwo sind, nur teilchen, schwebende
teilchen, die schwingen, ununterbrochen schwingen
solange wir warten in form von lose zusammengefügten
relativ kurzen, sprechenden stäbchen, warten
auf unseren einzigen flug, der uns abstürzen lässt
und unsere gehirne zurücknimmt; nicht in die engen schöße
unserer mütter, die längst morsch geworden sind
aber in die vorschöße; zwischen die schenkel
einer hoffentlich gut aussehenden, uralten, mädchenhaften
planetaren dame.
aus: diese kleinen, in der luft hängenden, bergpredigenden gebilde
Berlin: Verlagshaus Berlin, 2016 / 2., überarbeitete Auflage 2019
Audio production: Haus für Poesie / 2018
le nostre madri ci hanno abbandonati in un aeroporto
italienisch
le nostre madri ci hanno abbandonati in un aeroporto
senza bagagli, nudi e insanguinati, senza cavo.
alcuni si sono subito cagati addosso, appiccicosi e neri
così neri, come se da noi fosse uscito il diavolo
e così appiccicosi, come se non potessimo mai più volare
il che non è vero, ci libriamo subito
con un arsenale di crudeltà, in un aeroporto
anch’esso in volo. il nostro aeroporto è zeppo
di stati, città e minuscoli aeroporti, che solo
di nome sono aeroporti, ma di fatto:
punti che sfrecciano, anche se parole come punti che sfrecciano
di fatto non esistono, sono solo particelle,
particelle fluttuanti che vibrano, vibrano senza sosta
mentre noi attendiamo, bastoncini parlanti
relativamente corti, messi insieme alla rinfusa, attendiamo
il nostro unico volo, che ci fa precipitare
e ritira i nostri cervelli; non nei grembi angusti
delle nostre madri, che da tempo sono marciti,
ma nei pre-grembi; tra le cosce
di una, si spera bella, antica, puerile
planetaria signora.
vor 13.8 milliarden jahren
deutsch | Carl-Christian Elze
vor 13.8 milliarden jahren, im ersten milliardstel eines
milliardstels eines milliardstels einer milliardstel sekunde
blähte sich unser universum um das zehn-billionen-
billionen-fache auf: von subatomaren dimensionen
zu der größe eines fußballs, so sagt man im april
des jahres 2014. in diesen urknallball war unsere liebe
schon eingraviert, aber vorher noch sonnen
planeten und monde, das ganze schwerkraftding
musste sich einschaukeln, liebes, das dauert ein bisschen.
auch unsere kugel, aus sternenstaub zusammengepappt
war nicht gleich fest; doch irgendwann zellen
unter wasser: einzelne, tänzelnde, noch unsterbliche
gebilde .. ewige teilungen, plasmaeinschnürungen:
aus eins wird zwei ohne rest. erst später zusammenkünfte
vielzellereien, die erfindung der leiche: volvox
die kugelalge, muss als erste dran glauben
ihr körper gesprengt bei der geburt ihrer töchter.
überall leichen! – aber pflanzen behalten immer die
nerven, liebes, nicht wahr .. ganz anders als wir.
überhaupt PFLANZEN! ohne sie keine liebe.
wie göttliche diener verschenken sie zucker und luft.
tiere erscheinen: fische und saurier, mollusken
und vögel, kiemen und lungen, die erste milch
die aus den zitzen tropft, die ersten säuger:
unauffällige kleingewachsene, huschende objekte ..
und auch wir mussten erst in form gebracht werden
liebes: affen und menschen, milliarden von
menschen, lucy und ötzi, immer wieder zerlegt
nach wenigen jahren von bakterien und pilzen
(in einer handvoll erde oder in deinem wunderschön
geschwungenen mund leben mehr bakterien
als jemals menschen auf dieser welt herumspaziert
sind, so sagt man im april des jahres 2014)
schließlich wir: mit großen gehirnen, kaum fell
trinken milch und wachsen heran, fast ohne instinkte:
wir lernen und lernen, überleben und finden
uns schließlich, erkennen uns schließlich
mitten in der nacht, auf einer straße in
münchen, unter zerschossenen laternen
und fühlen uns plötzlich – unerklärlicherweise
albernerweise – unzerstörbar und lachen
und unser lachen rast um die sonne, du weißt schon
wie wahnsinniger, glücklicher staub ..
aus: diese kleinen, in der luft hängenden, bergpredigenden gebilde
Berlin: Verlagshaus Berlin, 2016 / 2., überarbeitete Auflage 2019
Audio production: Haus für Poesie / 2018
13.8 miliardi di anni fa
italienisch
13.8 miliardi di anni fa, nel primo miliardesimo di un
miliardesimo di un miliardesimo di un miliardesimo di secondo
il nostro universo si gonfiò di dieci bilioni
di bilioni di volte: da dimensioni subatomiche
alla grandezza di un pallone da calcio, così si dice nell’aprile
dell’anno 2014. in questa palla uscita dal big bang il nostro amore
era già inciso, ma prima ancora soli,
pianeti e lune, l’intero coso di gravità
doveva assestarsi dondolando, cara, ci vuole tempo.
anche la nostra sfera, polvere di stelle incollata assieme,
non era subito salda; eppure a un certo punto cellule
sott’acqua: singole masse ballonzolanti, ancora
immortali .. continue scissioni, addensamenti di plasma:
uno diviene due, senza resto. solo più tardi aggregamenti,
organismi pluricellulari, l’invenzione del cadavere: volvox
l’alga sferica deve crederci per prima
il suo corpo proprio disintegrato alla nascita delle figlie.
cadaveri ovunque! – ma le piante tengono i nervi
saldi, cara, non è vero? .. al contrario di noi.
d’altra parte PIANTE! senza di loro niente amore.
come ancelle divine regalano zucchero e aria.
compaiono gli animali: pesci e sauri, molluschi
e uccelli, branchie e polmoni, il primo latte
che gocciola dai capezzoli, i primi mammiferi:
piccoli oggetti, modesti, guizzanti ..
e anche noi abbiamo dovuto passare prima per questa forma,
cara: scimmie e uomini, miliardi di
uomini, lucy e ötzi, sempre più differenziati
dopo pochi anni da batteri e funghi
(in una manciata di terra o nel meraviglioso
arco della tua bocca vivono più batteri
di quanti uomini siano mai passati sulla faccia della terra,
così si dice nell’aprile dell’anno 2014)
e infine noi: con grandi cervelli, poca pelliccia
beviamo latte e cresciamo, sopravviviamo e finalmente
ci troviamo, ci riconosciamo finalmente
nel mezzo della notte, su una strada a
monaco, tra lanterne distrutte
e all’improvviso ci sentiamo – inspiegabilmente,
stupidamente – indistruttibili e ridiamo
e il nostro riso sfreccia attorno al sole, lo sai bene,
come polvere impazzita, felice ..
kleiner klappaltar I
deutsch | Carl-Christian Elze
1
wenn wir die augen öffnen, fährt ein lichtblitz hinein
durchdringt durchsichtige häute, gallerte, schlägt ein
in ein dunkles verkabeltes netz
sehpurpur stäubt
die ersten schemen dieser welt:
ein geschenkter gaul mit glänzender mähne
und zerrütteten zähnen
gelb und uralt
dann ein riss
als ob geschenkpapier reißt
sodass man weint
ohne zu wissen, dass man weint
und schreit .. bis einen die stimme fängt
die summt .. noch ganz vertraut
aus herzstampfender zeit
und ruhe strömt ein.
2
vertreibst du die angst aus irgendeinem loch
in deinem kopf, krabbelt sie weiter, wie eine zecke
lautlos über deinen schädel, der seine befreiung bekannt gibt
wie ein betrunkener esel, und bohrt ein neues loch
ein neues gewirr von gängen in dich hinein
noch näher an deinem limbischen gral, noch näher
an deinem heiligen system, noch tiefer
noch leistungsfähiger darin, deinen esel zu köpfen.
und dennoch gibt es eine art blume, die dich noch immer erfreut
eine art tier, das sich zu dir legt und dich wärmt
einen gedanken, der still hält und dich anhält
in deiner verzweifelten magie, eine art wolke
die flüstert .. für einen kurzen moment.
3
beruhige dich, atme ruhig, ich weiß dein schreckhaftes herz
rast, deine rote libelle, du glaubst zu ersticken, aber beruhige dich
du hast luft in dir, mehr als du denkst, mehr als du glaubst
dein herunterfahrender kopf kreischt, aber ich rate dir: singe
singe und staune, bestaune die luft, die dich verlässt
und wieder einkehrt in dich, wie ein hund, oder wie alle deine
hunde, die schon gestorbenen, die noch immer bei dir liegen
in dir, ohne dass du es merkst, in einer wolke aus fell ..
du fragst, wer da spricht? ich bin deine wolke aus nichts:
ich gehöre zu dir, zu jeder sekunde, und ich gehöre zu allen
zu jeder sekunde, zu jeder sekunde beruhige ich jedes einzelne
schreckhafte molekül dieser welt, jeden einzelnen fehlalarm
dieser welt, jeden einzelnen übergang, und auch dich –
aus: langsames ermatten im labyrinth
Berlin: Verlagshaus Berlin, 2019
Audio production: Haus für Poesie / 2018
piccolo altare ad ante I
italienisch
1
quando apriamo gli occhi, irrompe un lampo
penetra le pelli trasparenti, gelatine, si conficca
in una scura rete di cavi
spolvera la porpora della retina
i primi schemi di questo mondo:
un caval donato dalla criniera lucente
e i denti logori
giallo e antico
poi uno strappo
come carta da regalo che si straccia
e ci si trova a piangere
senza sapere che si piange
e si urla .. fino a che ci coglie una voce
che canticchia .. la voce familiare
del tempo che calpesta il cuore
e ci pervade la quiete.
2
se scacci la paura da un qualche foro
della tua testa, ecco che torna a prudere, come una zecca
silenziosa sul tuo cranio, che annuncia di essersene liberato
come un asino ebbro, e scava un nuovo foro
un nuovo garbuglio di gallerie dentro di te
avvicinandosi ancor di più al tuo graal limbico,
al tuo sacro sistema, scava più a fondo
e con maggior solerzia per decapitare il tuo asino.
eppure c’è una sorta di fiore che ancora ti allieta
una sorta di animale che ti si stende accanto e ti scalda
un pensiero immobile che ti incoraggia
nella tua magia disperata, una sorta di nube
che sussurra .. soltanto per un attimo.
3
calmati, respira, lo so che il tuo cuore timoroso
infuria, la tua libellula rossa, credi di soffocare, ma calmati
c’è aria in te, più di quanto non pensi, più di quanto non creda
la tua testa incassata cigola, ma ti consiglio di cantare
canta e meravigliati, ammira l’aria che ti abbandona
e torna in te come un cane, o come tutti i tuoi
cani, anche quelli morti e che ti stanno accanto
sono dentro di te, senza che tu lo sappia, in una nube di pelo ..
ti chiedi, chi parla? sono la tua nuvola di niente:
appartengo a te, a ogni istante, e appartengo a tutti
a ogni istante, e in ogni istante io calmo ogni singola
molecola timorosa di questo mondo, ogni singolo falso allarme
di questo mondo, ogni singolo passaggio, e anche te –
du hast zu lange auf schwankenden pontons gestanden
deutsch | Carl-Christian Elze
du hast zu lange auf schwankenden pontons gestanden
und jetzt schwankst du selbst, ein einziges schwanken
durch gassen, die sich salzig verbiegen
zu möwenflügeln, selbst im schlaf schwankst du noch
selbst im traum. eine durchsichtige mülltüte
auf deinem kopf, die im vaporetto flattert und sich sanft
an dich legt, deine schläfen. alles was du siehst
ist ein trick, um deine augen zu schälen
ohne dass du es merkst. jemand operiert dich
auf der piazza, ohne dass du es merkst.
ganz im innern deiner zapfen gibt es ein küken
in einem palast, das dich empfängt, um dir zu sagen
dass deine eltern erfindungen sind
und auch du bist erfunden. deine brüder und schwestern
sind gondeln und kreuzfahrtschiffe, kirchen und ratten.
nur deshalb schwankst du
diese stadt ist ein teilchenbeschleuniger
sie löst dich auf, um dich sehend zu machen
deine ewigen teilchen, und du kannst nicht mehr fliehen
zurück ins wartezimmer, wo die illustrierten liegen
aus: langsames ermatten im labyrinth
Berlin: Verlagshaus Berlin, 2019
Audio production: Haus für Poesie / 2018
sei rimasto troppo a lungo su pontoni traballanti
italienisch
sei rimasto troppo a lungo su pontoni traballanti
e ora traballi pure tu, un continuo barcollare
per calli che si torcono salate
ad ali di gabbiano, persino nel sonno vacilli,
persino nei sogni. un sacchetto trasparente per rifiuti
sulla tua testa, svolazza nel vaporetto e si posa
lieve su di te, sulle tue tempie. tutto ciò che vedi è
un inganno, per pelare i tuoi occhi
senza che te ne accorga. qualcuno ti opera
sulla piazza, senza che te ne accorga.
all’interno delle tue cellule cono c’è un pulcino
in un palazzo che ti accoglie per dirti
che i tuoi genitori sono invenzioni
e anche tu sei inventato. i tuoi fratelli e sorelle
sono gondole e navi da crociera, chiese e ratti.
per questo vacilli
questa città è un acceleratore di particelle
ti discioglie per permetterti di vedere
le tue particelle eterne, e tu non puoi più tornare
nella sala d’attesa, dove si trovano le riviste
so wenig sinnlichkeit
deutsch | Carl-Christian Elze
können worte: nur engel benennen
ohne ihr gesicht abzubilden
ihr sanftes gewölbe aus knochen
ihr vermischtes gewölbe aus mann und frau.
einzig vergleiche, die noch leuchten können
wie in öl: sein metallisches flugkleid
wie der zerknitterte rumpf eines learjets
ohne lackierung ..
und dennoch: welche ärmlichkeiten.
kein roter vorhang nur aus worten
der sich begreifen lässt im auge, im gehirn. kein r-o-t
das in maria eindringt, in ihr kristallines b-l-a-u
und wie, wie willst du licht ersetzen!
noch lächerlicher hier nur licht zu sagen
das durch das fenster stürzt und schleicht zugleich
um ihr gesicht kaum merklich anzuheben
dass es die weiße lilie sieht
endlich erblickt, in diesem raum
der lautlos schwebt, im weltall schwebt
mit strengen mustern, burg und wolken ..
ein arme-leute-essen ist gekocht, sonst nichts
ein teller suppe
wo nur worte schwimmen
wie lose hände, die nichts greifen können
doch greifen wollen, und in den flachen löffeln beten.
(nach »Verkündigung« von Giovanni Bellini, Gallerie dell’Accademia)
aus: langsames ermatten im labyrinth
Berlin: Verlagshaus Berlin, 2019
Audio production: Haus für Poesie / 2018
non sanno essere sensibili
italienisch
le parole: parlare di angeli
senza dipingere il loro viso
la loro delicata volta d’ossa
il loro essere insieme uomo e donna.
soltanto le similitudini riescono a brillare
come nella pittura: il suo metallico abito da volo
come la fusoliera sgualcita di un learjet
senza vernice ..
eppure: che miseria.
nessun drappo rosso fatto di sole parole
riesce a imporsi all’occhio, al cervello. nessun r-o-s-s-o
riesce a entrare in maria, nel suo b-l-u cristallino
e come, come pretendi di sostituire la luce!
è ancor più ridicolo chiamare luce questa cosa
che irrompe dalle finestre e lambisce
il suo volto, facendolo sollevare appena
affinché scorga il giglio bianco
lo veda finalmente, in questa stanza
sospesa nel silenzio, sospesa nello spazio
tra geometrie rigide, il castello e le nuvole ..
un pasto frugale ci è dato, null’altro
un piatto di minestra
in cui nuotano le parole
come mani sciolte, che nulla afferrano
nonostante vogliano afferrare, e che pregano nei cucchiai piatti.
(dall’«Annunciazione» di Giovanni Bellini, Gallerie dell’Accademia)
sommerfliege
deutsch | Carl-Christian Elze
an einem augustabend im jahr 2016: eine sommerfliege
die ihr nachtmahl verzehrt, auf einem baugerüst
am palazzo dario, ohne begleitung von menschen.
mit ihrem spärlich behaarten, vorderen beinpaar
stemmt sie sich gegen den getrockneten kot einer möwe
dirigiert ihren tupfrüssel, der alles befeuchtet, verflüssigt.
zwei venezianische lippenpölsterchen mit einem system
von winzigen rinnen, versteift mit noch winzigeren
spängchen, beginnen lautlos zu saugen – die sonne versinkt.
für sekunden stehn alle fenster in flammen, ist jede scheibe
lodernd orange! – manchmal innehaltend im tupfen
und herabblickend auf die vorbeiziehenden dunklen
gebilde, tausendfach gebrochen im optischen kessel ihrer
glasleuchteraugen, erweckt die speisende den eindruck
einer kleinen touristin
oder dogaressa
oder geisterjägerin
die durch die zeiten irrt.
aus: langsames ermatten im labyrinth
Berlin: Verlagshaus Berlin, 2019
Audio production: Haus für Poesie / 2018
mosca estiva
italienisch
una sera d’agosto del 2016: una mosca estiva
consuma il suo pasto notturno, su un’impalcatura
a palazzo dario, senza la compagnia di umani.
con le sue gambe anteriori spelacchiate
si punta sullo sterco essiccato di un gabbiano
e guida la sua proboscide picchiettante, che tutto bagna e rende liquido.
due minuscoli divaricatori labiali veneziani con un sistema
di piccoli canali, irrigiditi da ancor più piccoli apparecchi,
cominciano a succhiare senza rumore – il sole cala.
per qualche secondo tutte le finestre s’incendiano e ogni vetro
si illumina di arancione! – mentre beccando trattiene il respiro
e getta uno sguardo alle figure opache dei passanti,
fratte in mille pezzi nel cono ottico dei suoi
occhi a lampadario, la banchettante sembra
una piccola turista
o una dogaressa
o un’acchiappafantasmi
che vaga nel tempo.
rückseite eines palastes
deutsch | Carl-Christian Elze
rückseite eines palastes: dunkel und eng, voller kot
und elektrischer leitungen, unbegreiflicher apparaturen.
eidechsen kriechen die wände hinauf, rutschen aus auf salpeter
und fangen sich wieder, im letzten moment, mit zitternden flanken.
ein heer von stacheln, das in die dunkelheiten ragt
und jede landung bedroht: ein taubenjunges, das vom himmel fiel –
noch halbnackt taumelt es am grund und stiert in die ecken
mit zuckendem kopf, sucht ein nest im universum der gasse.
auf einem vergitterten fenster, gleich über ihm balancierend
die katze, die satt in ihre speisekammer blickt, satt für minuten.
calle corner: manchmal ein mensch, der durch die enge streift
und seine hosen runterlässt und mit sich redet
wie schon seit jahren nicht mehr. oder auch zwei:
zwei menschen, mit regenschirmen, die sich wild verhaken.
am nächsten morgen: ein häufchen federn, knochenschimmer
und wieder sonnenspeere, die im boden stecken, kinderschreie
gepresst aus möwenköpfen .. als gäb es folterkammern
die im himmel stehn, in einem becken
von unverschämtem blau.
aus: langsames ermatten im labyrinth
Berlin: Verlagshaus Berlin, 2019
Audio production: Haus für Poesie / 2018
il retro di un palazzo
italienisch
il retro di un palazzo: buio e stretto, pieno di sterco
e cavi elettrici, di apparecchi incomprensibili.
lucertole si arrampicano alle pareti, scivolano sul salnitro
e si rimettono in equilibrio, all’ultimo, coi fianchi tremanti.
un esercito di spine che spunta nelle tenebre
e minaccia ogni atterraggio: un piccolo di piccione caduto dal cielo –
ancora mezzo spiumato, barcolla a terra e fissa gli angoli
con la testolina guizzante, cerca un nido nell’universo della calle.
su una finestra con la grata, in bilico giusto sopra di lui,
il gatto, che guarda sazio nella sua dispensa, sazio per poco.
calle corner: ogni tanto un uomo vaga per la stretta
e si cala i pantaloni e parla tra sé
come non ha fatto da anni. o anche due:
due uomini con gli ombrelli che s’impigliano selvaggi.
il giorno dopo: un mucchietto di piume, resti di ossa
e poi giavellotti di luce, scagliati a terra dal sole, urla di bambini
escono da teste di gabbiani .. come se in cielo vi fossero
camere di tortura, in quel catino
blu spudorato.