Raoul Schrott 
Übersetzer:in

auf Lyrikline: 6 Gedichte übersetzt

aus: englisch nach: deutsch

Original

Übersetzung

[The midsummer sea . . .]

englisch | Derek Walcott

The midsummer sea, the hot pitch road, this grass, these shacks that
       made me,
jungle and razor grass shimmering by the roadside, the edge of art;
wood lice are humming in the sacred wood,
nothing can burn them out, they are in the blood;
their rose mouths, like cherubs, sing of the slow science
of dying – all heads, with, at each ear, a gauzy wing.
Up at Forest Reserve, before branches break into sea,
I looked through the moving, grassed window and thought „pines“
or conifers of some sort. I thought they must suffer
in this tropical heat with their child´s idea of Russia.
Then suddenly, from their rotting logs, distracting signs
of the faith I betrayed, or the faith that betrayed me –
yellow butterflies rising on the road to Valencia
stuttering „yes“ to the resurrection; “yes, yes is our answer,“
the gold-robed Nunc Dimittis of their certain choir.
Where´s my child´s hymnbook, the poems edged in gold leaf,
the heaven I worship with no faith in heaven,
as the Word turned toward poetry in its grief?
Ah, bread of life, that only love can leaven!
Ah, Joseph, though no man ever dies in his own country,
the grateful grass will grow thick from his heart.

© by Carl Hanser Verlag München Wien 1998
aus: Mittsommer / Midsummer
München Wien: Carl Hanser Verlag, 2001
ISBN: 3-446-20102-5
Audio production: 2001 M. Mechner, literaturWERKstatt berlin

MITTSOMMER LIV

deutsch

Das mittsommer meer, die heiße schotterstraße, dieses gras, diese
       hütten die mich zu dem werden ließen
was ich bin, dschungel und klingengras am straßenrand, die scharfe
       kante der kunst;
die bohrasseln summen im heiligen hain
nichts kann sie ausbrennen, man hat sie im blut wie zum hohn;
ihre rosa mäuler singen wie cherubim in langgezogenen chören
die wissenschaft vom sterben – man sieht nur den kopf, einen
      gazeflügel
an jedem ohr. Oben im Forest Reserve, wo die äste sich ins meer
      spießen
schaute ich beim fahren durch grasige fenster und dachte nur an
      „föhren“
oder irgendwelche koniferen. Ich dachte daß sie unter diesem
       tropenbrand
der hitze leiden werden mit ihrer kindlichen vorstellung von Rußland.
Aus ihren fauligen stämmen dann, plötzlich und verstörend
zeichen eines glaubens den ich verriet oder er mich –
gelbe schmetterlinge die aufflatterten über der straße nach Valencia
und ihr „ja“ zur auferstehung stotterten; „ja, ja ist unsere antwort“,
das goldbemäntelte Nunc Dimittis ihres selbstsicheren chores.
Wo ist das gebetbuch meiner kindheit, die in blattgold gerahmten
       gedichte,
der himmel den ich anbete ohne an ihn zu glauben, wo der Christ
als das Wort – auf daß es sich in seinem schmerz an die dichtung
       richte?
Ah, brot des lebens dessen hefe allein die liebe ist!
Ach Joseph, obwohl niemand jemals im eigenen land stirbt
wird das gras dicht in seinem herzen wurzeln, voll dankbarer
       inbrunst.


_____________________



Aus: Derek Walcott: Mittsommer / Midsummer. Zweisprachige Ausgabe.

Aus dem karibischen Englisch übersetzt von Raoul Schrott.

München, Wien: Carl Hanser Verlag 2001 [Edition Akzente]

[The jet bores like a silverfish . . .]

englisch | Derek Walcott

The jet bores like a silverfish through volumes of cloud –
clouds that will keep no record of where we have passed,
nor the sea’s mirror, nor the coral busy with its own
culture; they aren’t doors of dissolving stone,
but pages in a damp culture that come apart.
So a hole in their parchment opens, and suddenly, in a vast
dereliction of sunlight, there’s that island known
to the traveller Trollope, and the fellow traveller Froude,
for making nothing. Not even a people. The jet’s shadow
ripples over green jungles as steadily as a minnow
through seaweed. Our sunlight is shared by Rome
and your white paper, Joseph. Here, as everywhere else,
it is the same age. In cities, in settlements of mud,
light has never had epochs. Near the rusty harbor
around Port of Spain bright suburbs fade into words –
Maraval, Diego Martin – the highways long as regrets,
and steeples so tiny you couldn’t hear their bells,
nor the sharp exclamations of whitewashed minarets
from green villages. The lowering window resounds
over pages of earth, the canefields set in stanzas.
Skimming over an ocher swamp like a fast cloud of egrets
are nouns that find their branches as simply as birds.
It comes too fast, this shelving sense of home –
canes rushing the wing, a fence; a world that still stands as
the trundling tires keep shaking and shaking the heart.

© by Carl Hanser Verlag München Wien 2001
aus: Mittsommer / Midsummer
München Wien: Carl Hanser Verlag, 2001
ISBN: 3-446-20102-5
Audio production: 2001 M.Mechner, literaturWERKstatt berlin

Mittsommer I

deutsch

Der jumbo bohrt sich durch bände von wolken wie ein silberfisch –
wolken die weder unsere reise für die nachwelt überliefern werden
noch den spiegel der see oder die koralle die ganz im reinen
mit ihrer kultur ist; sie sind keine tore von zerfallenden steinen
sondern seiten einer feuchten kultur die aus dem leim gehen.
Ein loch öffnet sich in ihrem pergament und, in der weiten
preisgabe der sonne, ist da plötzlich diese insel: zwar malerisch
aber dafür bekannt – seit Trollope und Froude, seinem reisegefährten –
daß sie nichts hervorbringt. Nicht einmal ein volk. Die schattenspitze
des jumbos schlängelt sich stet über grüne dschungel wie eine -elritze
durch den seetang. Unsere sonne scheint auch auf Rom
und dein weißes papier, Joseph. Hier wie überall sonst auch
herrscht dasselbe zeitalter. In den städten und lehmsiedlungen
hat das licht nie etwas von epochen gewußt. Am rostigen hafen
von Port of Spain verblassen helle vorstädte zu worten –
Maraval, Diego Martin – autobahnen lang wie ein reuiges gebet
und kirchtürme so hoch daß man weder ihre glocken hört
noch die schrillen rufe von einem weißgekalkten minarett
in einem der grünen dörfer. Im herabgleiten hallt das fenster
über seiten von erde wider, die zuckerrohrfelder zu stanzen gesetzt.
Eine wolke reiher huscht über die ockergelbe marsch, ein quodlibet
von substantiven die sich mühelos auf ihren zweigen niederlassen.
Es findet zu schnell seinen platz im regal, dieses gefühl von heimat –
das rohr rauscht auf den flügel zu, ein zaun; eine welt die noch still steht, jetzt
wo die ausrollenden reifen wieder und wieder am herz rütteln.

_____________________



Aus: Derek Walcott: Mittsommer / Midsummer. Zweisprachige Ausgabe.

Aus dem karibischen Englisch übersetzt von Raoul Schrott.

München, Wien: Carl Hanser Verlag 2001 [Edition Akzente]

[Raw ocher sea cliffs in the slanting]

englisch | Derek Walcott

Raw ocher sea cliffs in the slanting afternoon,
at the bursting end of Balandra, the dry beach´s end,
that a shadow´s dial wipes out of sight and mind.
White sanderlings race the withdrawing surf to pick,
with wink-quick stabs, shellfish between the pebbles,
ignoring the horizon where a sail goes out
like the love of Prospero for his island kingdom.
A grape leaf shields the sun with veined, orange hand,
but its wick blows out, and the sanderlings are gone.
Go, light, make weightless the burden of our thought,
let our misfortune have no need for magic,
be untranslatable in verse or prose.
Let us darken like stones that have never frowned or known
the need for art or medicine, for Prospero´s
snake-knotted steff, or sea-bewildering stick;
erase these ciphers of birds´ prints on sand.   
Proportion benedict us, as in fables,
that in life´s last third, its movements, we accept the
measurements of our acts from one to three,
and boarding this craft, pull till a dark wind
rolls this pen on a desktop, a broken oar, a scepter
swayed by the surf, the scansion of the sea.

© by Carl Hanser Verlag München Wien 1998
aus: Mittsommer / Midsummer
München Wien: Carl Hanser Verlag, 2001
ISBN: 3-446-20102-5
Audio production: 2001 M. Mechner, literaturWERKstatt berlin

MITTSOMMER XLVIII

deutsch

Der grobe ocker der seeklippen in der schräge des nachmittags
am berstenden ende von Balandra, dem trockenen ende vom strand
den das ziffernblatt eines schattens aus dem auge und dem sinn tilgt.
Weiße sandläufer rennen mit der verebbenden brandung um die
       wette;
ein stich, flink wie ein zwinkern, und sie schlürfen
muscheln aus dem kies, unbekümmert um den horizont wo ein segel
verschwindet wie die liebe Prosperos für sein inselreich.
Ein weinblatt schirmt die sonne ab mit seiner geädert orangen hand
aber ihr docht verlöscht und die sandläufer sind weg.
Geh, licht, nimm der bürde unserer gedanken das gewicht
laß unser unglück nicht der magie bedürfen
erschließ dich keiner übersetzung, weder als gedicht noch in prosa.
Laß uns dunkeln wie die steine die nie die stirne gerunzelt oder den drang
nach kunst oder medizin gekannt haben, nach Prosperos
schlangen-verknotetem stock, seinem das meer irreführenden stab;
lösch diese chiffren der vogeltritte auf dem sand.
Die proportion segnet uns wenn wir nach diesem wissen schürfen
wie im märchen, daß wir uns im letzten drittel des lebens mit
       konzepten
abfinden, dem maß unserer taten von eins bis drei, seinem abc,
und an bord dieses bootes rudern bis ein dunkler wind
diese feder vom schreibtisch rollt, ein gebrochenes ruder, ein szepter
im schlingern der brandung, das skandieren der see.


_____________________



Aus: Derek Walcott: Mittsommer / Midsummer. Zweisprachige Ausgabe.

Aus dem karibischen Englisch übersetzt von Raoul Schrott.

München, Wien: Carl Hanser Verlag 2001 [Edition Akzente]

[Perhaps if I'd nurtured some]

englisch | Derek Walcott

Perhaps if I'd nurtured some divine disease,
like Keats in eternal Rome, or Chekhov at Yalta,
something that sharpened the salt fragrance of sweat
with the lancing nib of my pen, my gift would increase,
as the hand of a cloud turning over the sea will alter
the sunlight – clouds smudged like silver plate,
leaves that keep trying to summarize my life.
Under the brain's white coral is a seething anthill.
You had such a deep faith in that green water, once.
The skittering fish were harried by your will –
the stingray halved itself in clear bottom sand,
its tail a whip, its back as broad as a shovel;
the sea horse was fragile as glass, like grass, every tendril
of the wandering medusa: friends and poisons.
But to curse your birthplace is the final evil.
You could map my limitations four yards up from a beach –
a boat with broken ribs, the logwood that grows only thorns,
a fisherman throwing away fish guts outside his hovel.
What if the lines I cast bulge into a book
that has caught nothing? Wasn't it privilege
to have judged one's work by the glare of greater minds,
though the spool of days that midsummer's reel rewinds
comes bobbling back with its question, its empty hook?

© by Carl Hanser Verlag München Wien 1998
aus: Mittsommer / Midsummer
München Wien: Carl Hanser Verlag, 2001
ISBN: 3-446-20102-5
Audio production: 2001 M. Mechner, literaturWERKstatt berlin

MITTSOMMER XXIX

deutsch

Vielleicht wenn ich irgendeiner göttlichen krankheit nahrung
gegeben hätte wie Keats im ewigen Rom oder Tschechow auf Jalta,
etwas das den salzigen geruch von schweiß mit der lanzettenspitze
meiner feder schärft, ginge meine gabe auf in einer art offenbarung
wie die hand einer wolke die sich überm meer dreht: je geballter
sie wird desto mehr ändert sich das licht – wolken fleckig wie
       tafelsilber,
blätter die weiter versuchen mein leben auf einen nenner zu bringen.
Unter der weißen koralle des hirns wimmelt es vor ameisen.
Du hattest einen felsenfesten glauben an das grüne wasser, einmal.
Von deinem willen gehetzt blieb den fischen nur auszureißen –
der rochen halbierte sich selbst im klaren sand des grundes
sein schwanz eine peitsche, sein rücken breit wie eine schaufel;
das seepferdchen war zerbrechlich wie glas, wie gras das aufgleißen
der ranken einer dahintreibenden meduse: freunde und gifte.
Aber das gröbste übel ist den eigenen geburtsort verflucht zu heißen.
Ziehen ließen sich meine grenzen auf den vier metern vom strand
       zum weg –
ein boot mit gebrochenen spanten, das blauholz das nur dornen treibt,
ein fischer der fischgedärm aus seinem schuppen schmeißt.
Was wenn diese angeln die ich auswerfe wie ich meine sätze sage
sich zu einem buch bauschen das nichts gefangen hat? War es kein
       privileg
die eigene arbeit beurteilt zu sehen von größeren denen ich respekt
       zolle
obwohl die schnur der tage die der mittsommer aufspult auf seiner
       rolle
zurückgehaspelt kommt mit einem leeren haken, einer frage?

_____________________



Aus: Derek Walcott: Mittsommer / Midsummer. Zweisprachige Ausgabe.

Aus dem karibischen Englisch übersetzt von Raoul Schrott.

München, Wien: Carl Hanser Verlag 2001 [Edition Akzente]

[Our houses are one step from the gutter]

englisch | Derek Walcott

Our houses are one step from the gutter. Plastic curtains
or cheap prints hide what is dark behind windows –
the pedalled sewing machine, the photos, the paper rose
on its doily. The porch rail is lined with red tins.
A man’s passing height is the same size as their doors,
and the doors themselves, usually no wider than coffins,
sometimes have carved in their fretwork little half-moons.
The hills have no echoes. Not the echo of ruins.
Empty lots nod with their palanquins of green.
Any crack in the sidewalk was made by the primal fault
of the first map of the world, its boundaries and powers.
By a pile of red sand, of seeding, abandoned gravel
near a burnt-out lot, a fresh jungle unfurls its green
elephants’ ears of wild yams and dasheen.
One step over the low wall, if you should care to,
recaptures a childhood whose vines fasten your foot.
And this is the lot of all wanderers, this is their fate,
that the more they wander, the more the world grows wide.
So, however far you have travelled, your
steps make more holes and the mesh is multiplied –
or why should you suddenly think of Tomas Venclova,
and why should I care about whatever they did to Heberto
when exiles must make their own maps, when this asphalt
takes you far from the action, past hedges of unaligned flowers?

© by Carl Hanser Verlag München Wien 2001
aus: Mittsommer / Midsummer
München Wien: Carl Hanser Verlag, 2001
ISBN: 3-446-20102-5
Audio production: 2001 M.Mechner, literaturWERKstatt berlin

Mittsommer VII

deutsch

Von unseren häusern ist es nur ein schritt in die gosse. Plastikvorhänge
oder billige drucke verdecken das was hinter den fenstern im dunkeln bleibt –
die pedalbetriebene nähmaschine, die photos, die papierrose
am spitzendeckchen. Rote blechdosen, am verandageländer aufgereiht.
Der türsturz ist gerade einmal hoch genug um die menschen -durchzulassen
und im gitterwerk der türen selbst, die normalerweise genauso breit
wie särge sind, finden sich manchmal kleine halbmonde eingeschnitzt.
Die hügel haben kein echo. Nicht das echo das ruinen besitzen.
Das unbebaute land nickt mit dem palankin seines grüns.
Jeder riß im gehsteig hat seinen ursprung in den verwerfungen
der ersten karte der welt, ihren grenzen und mächten.
Neben einem haufen rotem sand, übrig gebliebenem kies voller unkraut
auf einem ausgebrannten grundstück, stellt der dschungel aufs neue
die grünen elefantenohren wilder jamswurzeln und kolokasien auf.
Ein schritt über die niedere mauer, nimmt man sie im lauf
bringt eine kindheit zurück und ihre kletten schlingen sich um den fuß.
Und dies ist das terrain für jeden reisenden, dies ist sein los
daß je weiter er geht, die welt nur um so weiter wird.
Gleich wo man überall herumgekommen ist, jeder schritt hinterläßt
bloß weitere stapfen bis man sich in einem labyrinth verirrt –
warum solltest du sonst auf einmal an Tomas Venclova denken
und weshalb es mir etwas ausmachen was sie Heberto angetan haben
wenn exilanten sich ihre eigene karte zeichnen müssen, dieser asphalt
dich vom eigentlichen geschehen entfernt, an hecken vorbei
die mit ihren blumen nie irgendeiner linie treu geblieben sind.

_____________________



Aus: Derek Walcott: Mittsommer / Midsummer. Zweisprachige Ausgabe.

Aus dem karibischen Englisch übersetzt von Raoul Schrott.

München, Wien: Carl Hanser Verlag 2001 [Edition Akzente]

[It touches earth . . .]

englisch | Derek Walcott

It touches earth, that branched diviner’s rod
the lightning, like the swift note of a swallow on the staff
of four electric wires, while everything I read
or write goes on too long. Ah, to have
a tone colloquial and stiff,
the brevity of that short syllable, God,
all synthesis in one heraldic stroke,
like Li Po or a Chinese laundry mark! Walk
these hot streets, their signs a dusty backdrop stuck
to the maundering ego. The lines that jerk
into step do not fit any mold. More than time
keeps shifting. Language never fits geography
except when the earth and summer lightning rhyme.
When I was greener, I strained with a branch
to utter every tongue, language, and life at once.
More skillful now, I’m more dissatisfied.
They never align, nature and your
own nature. Too rapid the lightning’s shorthand,
too patient the sea repeatedly tearing up paper,
too frantic the wind unravelling the same knot,
too slow the stones crawling toward language every night.

© by Carl Hanser Verlag München Wien 2001
aus: Mittsommer / Midsummer
München Wien: Carl Hanser Verlag, 2001
ISBN: 3-446-20102-5
Audio production: 2001 M.Mechner, literaturWERKstatt berlin

Mittsommer IX

deutsch

Sie berührt die erde, diese verzweigte wünschelrute
des blitzes wie die achtelnote einer schwalbe auf dem mast
mit seinen vier drähten, während alles was ich schreibe oder errate
zwischen den zeilen zu lange dauert. Ah, hätte man vor dem stoff
doch einen ton der so umgangssprachlich wäre wie steif
die kürze dieser raschen silbe, Gott
alle synthese in einem heraldischen federstrich
wie Li Po oder das zeichen einer chinesischen wäscherei! Geh
durch diese heißen straßen, ihre schilder ein staubiger hintergrund
eine etikette für ein ziellos faselndes ego. Die zeilen die ruckartig
in den schritt fallen sind nicht aus diesem holz geschnitzt. Zeiten
ändern sich, aber das noch mehr. Sprache paßt nie zur geographie
außer wenn sich erde und sommergewitter einen reim bereiten.
Als ich noch grüner war mühte ich mich ab mit einem zweig
jede zunge, sprache und das leben auf einmal auszusprechen.
Jetzt bin ich zwar geschickter aber desto unzufriedener.
Sie richten sich nie aneinander aus, die natur und deine
eigene natur. Zu schnell ist die kurzschrift des blitzes
zu geduldig das meer das ein blatt um das andere zerreißt
zu wütend der wind der immer denselben knoten löst
zu langsam kriechen die steine der sprache zu die ihnen die nacht läßt.

_____________________



Aus: Derek Walcott: Mittsommer / Midsummer. Zweisprachige Ausgabe.

Aus dem karibischen Englisch übersetzt von Raoul Schrott.

München, Wien: Carl Hanser Verlag 2001 [Edition Akzente]