Matthias Göritz
Traumschrift, Händel
Traumschrift, Händel
Zuviele Antlitze hast du gesehen
Bälle dir angehängt
Perückenpuder und
Kerzenlicht, im Anzug befindliche
Inszenierungen, Königsjungfern, die Zeremonie der Verbeugung vor
Ministern, Kammerjunkern, den Adelsgreisen vom Hof
Parlamentariern anderer (Mumien!-) Ordnung
Vorzügliche Repräsentationskunst
Eingewickelt haben sie dich
mit ihren Pfunds-
ihren höflichen Noten
der Schrift, jenen Glückshormonen des
‚grad sich in Mode Befindlichen‘ während nebenan
auf dem Haymarket bereits eine neue
alte Oper gespielt wird: die Bettler –
Sie ist nicht von dir
Du stürzt dich wieder
auf Geigen
und Kontrafagotte (Musick!), die
Einzelfarben der Holz- und der
Blechbläser, die
steigen auf
himmel-, nein flußwärts
Rettung verheißend
als maltest du eine andere Landschaft
Hätten wir einen Augenblick
Zeit
gehabt
diese Welt zu begreifen
was für ein Fest wäre das
geworden, was für ein Schluß
Er hätte uns aufgehoben
trotz seiner 3maligen Wiederholung
2mal vor, 1mal nach
dem Abendessen
(am Anfang)
für immer
Hätten wir einen Augenblick
Zeit gehabt oder
einen Ort
die Klangwelt der Wassermusik
zu bewohnen, die Sagenwelt
Londons Fluß damals zu verbinden
jene Folge von Tänzen
mit Tod
und Händel?
Mit Not. Gäbe es nach
den Maskeraden des Vergänglichen
in denen wir auf dem Haymarket tanzten
jene Wetten auf Hähne, jene Ausschreitungen des englischen
Jahrmarkts am Bartholomäus-Tag (Puritaner gegen
alle vortrefflich Besoffenen - Puritaner und Nicht-Puritaner)
jene Ausschweifungen in der Oper (gegen Queen Anns Verdikt
während der Szenen im Saal nicht zu poppen)
Gäbe es winters ein Licht, ein Kristall vielleicht
in dem wir uns brechen, an den wir uns halten
könnten wie weiter südlich ans Auftauchen
einer anderen Jahreszeit
Zeit!, Zeit!, hätten wir sie
was könnten wir tun?
Wir könnten wandern
in einer zerplatzenden Welt
als Maden und Würmertrauben
aus den Ritzen der Augen, den Ecken
in unserm Gesicht, wir könnten glauben