Christine Lavant
[Her mit dem Kelch, ich trinke, was ich muß...]
[Her mit dem Kelch, ich trinke, was ich muß...]
Her mit dem Kelch, ich trinke, was ich muß,
und meine Rechte stützt sich auf die Linke,
das ist die Erde, der ich schnell noch winke,
auch sie erträgt von oben jeden Guß,
und ihre Steine halten doch zusammen.
Es ist nicht not, von Sternen abzustammen,
um aus dem Toben heil hervorzugehen.
Ich trink den Zorn und bohre meine Zehen
durchs linde Laub hinab zum scharfen Lauch.
Metallen lärmt im alten Haselstrauch
ein winterharter Vogel über mir.
Ich weiß, ich brenne, ohne je bei dir
auch nur in Form des Weihrauchs anzukommen.
Von allen Sinnen einer steigt benommen
durchs Herz der Hasel in die Vogelkehle,
und meine Rechte zittert in der Linken.
Ein wenig Gold scheint ins Metall zu sinken
und läutet flüchtig für die arme Seele,
als stünde eine Wandlung ihr bevor.
Vom Himmelsrand neigt sich das Halbmond-Ohr
und täuscht mir Betenden Erhörung vor.