* 23.04.1892, Frankenau, Deutschland † 20.04.1974, Muralto, Schweiz
Richard Huelsenbeck wurde am 23. April 1892 in Frankenau bei Kassel geboren, und verbrachte seine Jugend in Dortmund.
Von 1911 an studierte er zunächst Literatur und Kunstgeschichte in München, nach 1914 dann Medizin in Paris. Als Pazifist flüchtete er 1916 nach Zürich, wo er sein Medizinstudium fortsetzte.
Dort veranstaltete er, anfangs parallel zu seinem Medizinstudium, zusammen mit Marcel Janco, Tristan Tzara, Hans Arp, Sophie Täuber-Arp, Emmy Hennings und Hugo Ball die ersten Dadaistischen Soireen im von Hugo Ball neugegründeten „Cabaret Voltaire“.
Ebenfalls 1916 publizierte er seinen ersten Gedichtband „Phantastische Gebete“, über den Hans Arp später schrieb: „Als der Fortschritt und die Erfindungen zu dröhnen und zu donnern anfingen, als künstliche giftige Himmel zu zerplatzen begannen, schrieb Huelsenbeck die "Phantastischen Gebete". Huelsenbeck hat in diesen Gedichten den höllischen Spuk der irdischen Verwirrung, Unordnung, Eitelkeit, Dummheit in einem anschaulichen Größenverhältnis dargestellt, welches den unfaßlichen Irrsinn des unmenschlichen Treibens sinnfällig zu überblicken erlaubt. Jedes seiner Gedichte bringt den Menschen zum Unendlichen in Beziehung. Gelassen wie der griechische Geschichtsschreiber Herodot besingt Huelsenbeck seine Beobachtungen. Die menschliche Null wird mit gebührender Schaumschlägerei begrüßt. Niemand wird im Zweifel gelassen, daß am Menschen Hopfen und Malz verloren ist. Die "Phantastischen Gebete" haben ein neues Pathos in der deutschen Dichtung geschaffen.“
Huelsenbeck selbst schrieb in seiner Biographie „Mit Witz, Licht und Grütze“ über diesen Gedichtband, der als einer der ersten größeren Dadaistischen Veröffentlichungen gewertet werden kann: "Dada war für mich Aufbruch und Abbruch. Im freien Zürich, wo die Zeitungen sagen konnten, was sie wollten, wo man Zeitschriften gründete und Gedichte gegen den Krieg vortrug, hier wo es keine Brotkarten und keinen "Ersatz" gab, hier hatte man die Möglichkeit, alles das hinauszuschreien, was einen bis zum Bersten erfüllte. So entstanden meine "Phantastischen Gebete". Sie sind typisch dadaistisch, aber sie hätten auch ohne das Cabaret entstehen können. Sie sind menschlich, sie sind die Befreiung von unmöglichen Bedingungen - Parole in libertà, wie Marinetti das nannte. Allerdings anders und tiefer, mehr psychologisch oder besser seelisch, wie alles, was von Deutschland kommt, "seelisch" ist.“
1918 schrieb er das Dadaistische Manifest, das von nahezu allen Züricher und Berliner Dadaisten unterschrieben wurde. 1920 gab er den „DADA Almanach“ heraus, der die Bewegung bereits zu historisieren begann.
In dieser Zeit siedelte Huelsenbeck nach Berlin über, um dort mit den Mitstreitern des „Club DADA“ - George Grosz, den Brüdern Herzfelde, Raoul Hausmann, Hannah Höch, Walter Mehring und anderen - der von verschiedenen revolutionären Erhebungen und Putschen geschüttelten Reichshauptstadt eine weitere, eine dadaistische Revolution zu verabreichen..
Doch die Tage der anarchischen Aktionen waren bald gezählt; ein Teil der Dadaisten wie Grosz und Mehring wendeten sich dem Verismus und der Neuen Sachlickeit zu, aus dem größeren Teil der Bewegung entstand – getrieben von den neuen Pariser Tendenzen – der Surealismus.
Nach 1923 verfolgte Huelsenbeck weiter seine Arztkarriere und arbeitete in dem Zeitraum von 1924 bis 1927 als Schiffsarzt für die Hapag-Lloyd in Ostasien und Afrika.
Nachdem seine Werke nach der Machtergreifung Hitlers 1933 nicht mehr gedruckt werden durften, ging Huelsenbeck 1936 ins amerikanische Exil. Dort lebte er unter dem Pseudonym Charles R. Hulbeck als Psychiater und Psychoanalytiker in New York.
1952 erschien sein Gedichtband „Die New Yorker Kantaten“, dem 1954 „Die Antwort der Tiefe“ folgte. Beide waren aber eher der expressionistischen denn der dadaistischen Tradition verbunden.
Drei Jahre später kamen Huelsenbecks Lebensbeschreibungen „Mit Witz, Licht und Grütze“ heraus.
In den 60er Jahre hielt Huelsenbeck zahlreiche Psychoanalytische Vorträge vor Studenten der
„New School“ in New York, die auch auf Tonband mitgeschnitten wurden und heute im Deutschen Literaturarchiv in Marbach verwahrt werden.
1970 kehrte Huelsenbeck in die Schweiz zurück. Er starb dort am 20. April 1974 in Muralto/Tessin.