Nora Gomringer 
Translator

on Lyrikline: 15 poems translated

from: البريتونية, الهولندية, النرويجية to: الألمانية

Original

Translation

UN ATANT ER BLOAVEZHIOÙ HANTER-KANT

البريتونية | Bernez Tangi

An heol a sklêrijenne an daol dre
ar prenestr bras
Al laonenn a stlakas ouzh troad ar gontell
Mestr an ti a lavaras d’ar mevel :

« An div werc’hez zo da varc’hañ
e Prad Lesbos.
An aoter zo da adsevel
e Park ar Gristeniezh. Ul lean
a vo aze warc’hoazh mintin abred.
Mont a rin da ziskargañ ur
c’harrad poan-spered en aod.
Evit ar pezh a sell ouzh ar chas
me a voueto anezho gant plom-reor
 mel askorn
        ha dour-vulnerer »

Sevel a rejont o-daou evit o c’housk-lein.
An itron hag ar vugale a chomas evit
skaotañ al listri.

© Bernez Tangi

Ein Bauernhof in den fünfziger Jahren

الألمانية

Die Sonne erhellte den Tisch durch
das große Fenster
Die Klinge schlug gegen den Griff des Messers
Der Hausherr sprach zum Knecht:

„Die beiden Jungfrauen müssen gedeckt werden
auf der Wiese von Lesbos.
Der Altar muss neu aufgebaut werden
im Feld der Christenheit. Ein Mönch
wird morgen ganz früh dort sein.
Ich bringe eine
Karre Kummer zum Strand.
Was die Hunde angeht
werde ich sie füttern mit Gänsefuß
                             mit Knochenmark
und heilendem Liqueur“

Sie standen beide auf um ihren Mittagsschlaf zu halten.
Die Frau und die Kinder blieben da um
das Geschirr abzuwaschen.

Übersetzt von Nora–Eugenie Gomringer

STERN AR MELEZOUR

البريتونية | Bernez Tangi

Dirak ar stern emañ ar plac’h
O tenn’ he c’horfenn
Dirak stern ar melezour milliget
Emañ ar plac’h o troñsañ he lostenn
E toufor an abardaez
Goude glebor ar mintinvezh
Emañ he c’horf o krenañ penn-da-benn
Ar bleiz a vo ruz e groc’hen
Al loar a savo er reter
Ar c’hizhier a zrebo beler
Ar goumoulenn a ziskargo
Gwad an amann
War toenn ar c’harr-samm
Boked Santez-Nonna
A vo limestra
Feur an avank a luc’ho perlezennet
Betek ar stank
Ar fank a zegemero grakerezh
Ar glesker e-tal ar c’hleger

© Bernez Tangi

Der Spiegelrahmen

الألمانية

Vor dem Rahmen steht das Mädchen
Sie zieht ihre Bluse aus
Vor dem Rahmen des verfluchten Spiegels
Rafft das Mädchen seinen Rock
In der Schwüle des Abends
Nach der Nässe des Morgens
Zittert sie am ganzen Körper
Das Fell des Wolfes wird rot sein
Der Mond wird im Osten aufgehen
Die Katzen werden Kresse fressen
Die Wolke wird
Das Blut der Butter regnen
Auf das Dach des Lastwagens
Die Narzissen werden
Purpurfarben sein
Das Fell des Bibers wird mit Perlen glitzern
Bis zum Teich
Der Schlamm wird das Quaken
Der Frösche in den Felsen empfangen

Übersetzt von Nora–Eugenie Gomringer

ROD AN AVELIOÙ

البريتونية | Bernez Tangi

Pegeit on chomet
dindan mantell ma siminal
o c’hortoz ar c’hentañ barrad follentez ?

Libistrañ a raen gant eoul frondus
korfoù ar gourenerezed
a-raok ar c’hrogad

Heuliañ a raen gant aon
skrijadenn o c’hroc’hen
dindan chouradenn ma daouarn nerzhus

Pegeit ? Ô pegeit
on chomet skornet
war kler mouk ha bouk ma soñjoù dizehan ?

Moulañ a raen oberennoù hudur
Poanioù ha plijadur
ar c’hig
war baper leuegen
Ha gwerzhañ ’nezho dre guzh
da vevelien ha mitizhien
an noblañsoù

Kegid er gegin
Marsoñjoù er marchosi

Pegeit on chomet
war kein an azen
ma eskern o storlokañ gant hej-dihej
e bavioù war an hent roc’hellek ?

Mignon an hudour
ne greden ket
      implij
    e wialenn

Dilezet ’ m eus ma studioù
evit mont da heul an oriadez
diwisket ganti he hiviz
Aet eo diwar wel
a-dreñv ar bodoù lann

Dalc’h a ran em fronelloù
c’hwezh kreñv he c’hreoñ foutouilhek

a zamguzhe
kalir
ar sap aour
a-us d’he loeroù gloan ruz

Pegeit on chomet
alvaonet dirak lomber al lestr
ma daoulagad ganin o parañ war an egor diziwezh ?


Edo ar c’hontron
em bouzelloù
o fifilañ
e lorgnez ma c’hig

Edo ar viskoulenn
o krignat
deil ma spered
hiviziken

Tostaat a raen
ouzh an EUR GLAS
gant ma c’horf brevet
gant sev disec’het ma lein-kein
ha ma c’hoantoù dislivet
gant kaouadoù diniver ar vuhez

Pegeit ? Ô pegeit
on chomet ’vel un teuz dirak an horolaj
divfeskenn sanket barzh plouz ar gador
o heuliañ ar momeder ?


Edon o valbouzat gerioù didalvez
O c’hlabousat gerioù diniver en aner

e kaoued ma c’hlopenn
harzoù ken strizh dezhañ

Beleg Meur an eneoù daonet
a zibunas pedenn an Anaon

Ha me ken diskredik
prest e oan da vezañ nouennet

Pegeit ? Pegeit ? Pegeit ?
Pegeit on chomet war ribl ar stêr
dispartiet ma divesker gant ar broenn hag ar raoskl ?


Garzhata a raen bronnoù
ar gleskered
dindan bannoù an heol faro

Gortoz a raen ur briñsez wenn
bleunioù
brodet war he brozh

Tamolodet war ma huñvreoù
e sebelien
ar pennduig hag ar c’ho

Pegeit ?
al leue ’ zo aet da darv
ar bugel en e oad-gour

Treiñ a ra an amzer gant ar milinoù-dour
An delienn a heuilh ar froud betek ti ar re varv

Bez’ eus tud c’hoazh o chom e Keraliou
kaset-digaset gant rod an avelioù
Ar blanedenn en-dro d’hec’h ahel
an noz an deiz ’ yelo diwar wel

© Bernez Tangi

Windrose

الألمانية

Wie lange blieb ich
versteckt an meinem Kamin
und wartete auf den nächsten Wahnanfall ?

Mit duftendem Öl salbte ich
die Körper der Ringerinnen
vor dem Kampf

Voller Furcht folgte ich
dem Schaudern ihrer Haut
unter dem Streicheln meiner starken Hände

Wie lange? Oh wie lange
blieb ich erfroren
auf dem purpurnen und weichen Eis meiner endlosen Gedanken?

Ich druckte lizensierte Werke
Schmerzen und Freuden
des Fleisches
auf Pergament

Und ich verkaufte sie unter der Hand
den Knechten und Mägden
des Adels

Schierlingpflanze in der Küche
Erinnerungen im Pferdestall

Wie lange blieb ich
auf dem Rücken des Esels
meine Knochen klappernd vom Schlagen
seiner Hufe auf dem steinigen Weg?

Freund des Zauberers
wagte ich nicht
seinen Stab
zu verwenden

Ich gab mein Studium auf
um der Lebefrau zu folgen
sie hat ihre Bluse ausgezogen
Sie ist verschwunden
hinter den Stechginsterbüschen

In meiner Nase bewahre ich
den starken Geruch ihrer dichten Mähne

die kaum versteckte
den Kelch
goldenen Saftes
über ihren roten Wollstrümpfen

Wie lange blieb ich
verschreckt vor dem Bullauge des Schiffes
meine Augen gerichtet auf die endlose Weite?

Die Maden
in meinen Gedärmen
zappelten
im Aas meines Fleisches

Die Raupe
nagte
von nun an
am Laub meines Geistes

Ich näherte mich
der BLAUEN STUNDE
mit meinem zerschlagenen Körper
mit dem vertrockneten Saft meiner Wirbelsäule
und meinen Wünschen, verwaschen
von den zahllosen Niederschlägen des Lebens

Wie lange? Oh wie lange
blieb ich wie ein Geist vor der Wanduhr
das Gesäß versunken im Stroh des Stuhles
und beobachtete das Pendel?

Ich stammelte bedeutungslose Worte
schwätzte vergeblich unzählige Worte

im Käfig meines Schädels
mit seinen so engen Grenzen

Der Hohe Priester der verdammten Seelen
sprach das Gebet der Verstorbenen

Und ich Ungläubiger
war bereit die letzte Ölung zu empfangen

Wie lange? Wie lange? Wie lange?
Wie lange blieb ich am Ufer des Flusses
meine Beine durch Binsen und Schilf voneinander getrennt

Ich lugte auf die Brüste
der Frösche
unter den Strahlen der eitlen Sonne

Ich wartete auf eine weiße Prinzessin
mit gestickten Blumen
auf ihrem Rock

Zusammengeschrumpft über meinen Träumen
begrub ich
die Meise und den Maulwurf

Wie lange?
aus dem Kalb wurde ein Stier
aus dem Kind ein ganzer Mensch

Die Zeit dreht sich mit den Wassermühlen
Das Blatt folgt der Strömung bis zum Haus der Toten

Es wohnen noch Menschen in den Häusern von Keraliou
hin- und hergeführt von der Windrose
Der Planet um seine Achse
die Nacht der Tag werden verschwinden

Übersetzt von Nora–Eugenie Gomringer

MANNAWIDDAN

البريتونية | Bernez Tangi

En noazh dirak ar mor
Ur minaoued en e zorn
E oar digor’ an nor
Ha lak’ an tan er forn
E vlev hir ha luziet
War e glopenn
Ar gwez a zo diwisket
Gant e lagad lemm

Ul lamm war an traezh
Ur spluj prim ’ kreiz an houlenn
Ha ne chom diwar-c’horre
Nemet ur c’helc’h spoum
Diflistr’ a ra er-maez
Gant bezhin ’n-dro d’e c’houg
Gouleier ha liv douget gantañ
War e choug

O ! ar banneoù dour
Dindan an heol a luc’h
’Vel steredennoù aour
Enaouet da greisteiz
Youc’hal a ra d’ar c’houmoul
Hag an avel ’c’hwezh
E galon ’stok en e vruched
Ar bed a bulluc’h

War-sav dirak an heol
Goustad ’n em lak da red’
Laboused en-dro dezhañ
A gan douster ar bed
Pign’ a ra war ar reier
Betek an tevenn
Kouezhañ ’ra kreiz ar bleunioù
Dizalanet-mik

Gourvezet penn-da-benn
Gant e valvennoù kloz
Ar balafenned gwenn
A nij a-us d’ar roz
An avel pa c’houl’
A deu da flour’ e groc’henn
Mestr eo war an doureier,
Ar c’houmoul, an tan
Ur youc’h berr ha nerzhus
Da gaout e gezeg-mor
Lamm’ a ra war o c’hein
’vit kuitaat ar goudor
D’an daoulamm ruz
Hei ! hei ! hei ! davet an arnev
E ya da ’n em goll pell
’ touesk ar strak en donvor

© Bernez Tangi

Mannawiddan

الألمانية

Nackt vor dem Meer
Eine Ahle in der Hand
Weiß er die Tür zu öffnen
Und Feuer im Ofen zu machen
Seine langen verworrenen Haare
Auf dem Schädel
Zieht er die Bäume aus
Mit seinem scharfen Blick

Ein Sprung auf den Sand
Ein flinkes Eintauchen in die Welle
Und auf der Oberfläche bleibt
Nur ein Schaumkreis
Er schießt empor
Mit Seetang um den Hals
Lichter und Farben trägt er
Um seine Schultern

Oh! die Wassertropfen
Glitzern in der Sonne
Wie goldene Sterne
Mittags angezündet
Er ruft zu den Wolken
Und der Wind bläst
Sein Herz schlägt in seiner Brust
Die Welt zerbirst

Aufrecht vor der Sonne
Beginnt er langsam zu laufen
Vögel um ihn herum
Besingen die Milde der Welt
Er klettert auf die Felsen
Bis zur Düne
Er fällt mitten in die Blumen
Völlig außer Atem

Ganz ausgestreckt
Mit seinen geschlossenen Lidern
Die weißen Schmetterlinge
Fliegen über den Rosen
Der Wind, wenn er es fordert,
kommt und streichelt seine Haut
Er ist Herrscher über die Gewässer,
die Wolken, das Feuer
Ein kurzer und kraftvoller Ruf
Um seine Seepferde zu versammeln
Auf ihre Rücken sitzt er auf
Um die Deckung zu verlassen
In wildem Galopp
Hey! Hey! Hey! dem Gewitter entgegen
Er reitet weit aus dem Blick
In das Tosen des offenen Meeres

Übersetzt von Nora–Eugenie Gomringer

LEZENN AR C’HANNAD

البريتونية | Bernez Tangi

Brezeliñ

Troc’hañ ar c’hlemm gant ar c’hleze
Bageal war nerzh an huñvre
Degemer ar c’hannad gant ul lagad lemm
Kaout un teod rik ha reizh
Ijinañ ul lezenn gant ur framm dinamm
Dizoleiñ douaroù nevez e kalon ar speredoù
Silañ goell-toaz e bleud an empennoù
Kas ar gasoni gant las an amiegez
Kas ar chaloni gant chas an amezeg
Bezañ nevez-ganet ha ren war an douaroniezh
Kas ar bagoù da get dre an dour-red
Kas bagad ar bed e ti an talfaser
Klask soc’h an erv e tousmac’h an talabao
Klask nouenniñ ar bugel war tal e huñvreoù
Kas moue ar c’hezeg war kein ar c’harr-nezañ

Peoc’h !

© Bernez Tangi

Das Gesetz des Botschafters

الألمانية

Krieg führen

Die Klage mit dem Schwert zerschneiden
Segeln auf der Kraft des Traumes
Den Botschafter mit einem scharfen Auge empfangen
Eine genaue und tadellose Zunge haben
Ein Gesetz machen mit einer makellosen Form
Neue Länder entdecken im Herzen des Geistes
Hefeteig zum Mehl der Gehirne geben
Den Hass mit der Schlinge der Hebamme führen
Den Domherren mit den Hunden des Nachbarn führen
Neugeboren sein und die Geographie regieren
Die Boote zugrunde richten in der Strömung
Die Fracht der Welt zum Flicker schicken
Die Schar des Pfluges suchen im Aufruhr des Getöses
Versuchen dem Kind die letzte Ölung zu geben
                                 auf die Stirn seiner Träume
Verwende die Mähne des Pferdes auf dem Rücken des Spinnrades


Frieden!

Übersetzt von Nora–Eugenie Gomringer

KILHET

البريتونية | Bernez Tangi

Kornandoned ’ kreiz miz eost
o tont endro diouzh Par’ Neñv
o ! korf hag ene strafuilhet
sparlet - penn kil ha troad - klañv

O ! Besteodiñ ’ ra ma empenn
Teuz noazh, strobañ ’ ran er vouilhenn
Tev an touseg ’ touesk ar brulu
Ar c’hazh e kañv ’ ra «c’hweñv» en hañv

Daonet evel ur paour kaezh truilh
Beuzet, petra ’ ran ? Petra ’ ran ?
Ma askre, ma bou’elloù ’ vourbouilh
Ma zeod a chom stag ouzh ma staoñ

Pedvare ’ vin er ger, Boudedeo ?
Ma c’halon en he c’haoued ’sko
Kilhet da vat en drez pe vev
Kleier em fenn ’ ra «biñbaoñ, biñbaoñ»

Spontet gant un trouz en a-dreñv
Ma gwad d’an daoulamm ruz a ruilh
Diverniet ma skiant hep roeñv
Klask a ran ar stur, klask a ran

Ha pa z’on prest da zaoulinañ
Al loar en un taol ’n emziskoach
Sioul en dro ma spered dizaon
Kenavo ’ta diaouloù, Anaon

Bet on bet pell hen touiñ a ran
Ur sell ouzh an nec’h : ar sterenn
Adkavet an hent er skleurenn
Adkavet ar peoc’h findaonet

Setu ’n ti, goulou war enaou
Difretañ ’ ran-me ’vel ur c’hi
Tommañ ’ ran ur bañc’h kafe kreñv
’Benn c’hoazh, c’hoazh ’ vo gouel e par’ Neñv

© Bernez Tangi

Verhext

الألمانية

Kobolde mitten im August
die von der Himmelfahrtsprozession zurückkehren
oh! Körper und Seele in Sorge
verriegelt – von Kopf bis Fuß – krank

Oh! Mein Gehirn stottert
Nacktes Gespenst, ich stolpere im Nebel
Fett ist die Kröte im Fingerhut
Die trauernde Katze miaut im Sommer

Verdammt wie eine arme Vogelscheuche
Ertrunken, was mache ich? Was mache ich?
Mein Gewissen, meine gurgelnden Gedärme
Meine Zunge klebt an meinem Gaumen

Wann werde ich zuhause sein, Verirrter?
Mein Herz schlägt in seinem Käfig
Ganz verhext in den Brombeersträuchern oder lebendig
Glocken in meinem Kopf machen „dingdong, dingdong“

Erschreckt von einem Geräusch hinter mir
Fließt mein Blut in wildem Galopp
Gekentert meine Vernunft ohne Ruder
Ich suche das Steuer, ich suche  

Und wenn ich bereit bin mich niederzuknien
Zeigt sich auf einmal der Mond
Mein furchtloser Geist wieder ruhig
Auf Wiedersehen, Teufel und Verstorbene

Ich war weit weg, ich schwöre es
Ein Blick nach oben: der Polarstern
Den Weg wiedergefunden im Schein
Den entschwundenen Frieden wiedergefunden

Da ist das Haus, das Licht ist an
Ich schüttele mich wie ein Hund
Ich mache mir einen Schluck Kaffee warm
Morgen wird wieder ein Fest sein am Himmelfahrtstag

Übersetzt von Nora–Eugenie Gomringer

EMGANN KERGIDU

البريتونية | Bernez Tangi

Mamm a c’hoarie «lakez du»
Gant ar speredoù klañv
Strewet ’r stered tu pe du
Gant an avel d’an traoñ
Dister-treut-ki ha toc’hor
Ar c’houlaouenn er c’hav
Ar porzhier a rae e babor
An devezhioù ’ veze mezv

Hag eo dav mont diouzhtu
Da emgann Kergidu ?

E stal-levrioù ar Gwiomarc’h
’veze savet deñved
Displuet-mik korf an alarc’h
Gouel ha pred d’ar preñved
Eil kenderv an horolajer
Ne sune ’met laezh tev
Feunteun Lolori-momeder
’strilhe chouchenn verv

Hag eo dav mont diouzhtu
Da emgann Kergidu ?

An amiegez disalanet
’rede war-zu Kammlann
Alan Al Louarn dilostet
’ribote an amann
Pesketerien ’gase en dro
O rouedoù goullo
’tre an Triagozh hag an Tarv
Edo gwele ar marv

Hag eo dav mont diouzhtu
Da emgann Kergidu ?

Bugale vac’hagnet ar porzh
’voumoune o anken
Kaouadoù erc’h eus tu an norzh
A stanke ar vorlenn
Bommoù galleg ’ deue iñgal
Digant an abostol
Kazeg ’ bet o c’hwizinkal
War traezh ruz porzh ar skol

Hag eo dav mont diouzhtu
Da emgann Kergidu ?

© Bernez Tangi

Die Schlacht von Kergidu

الألمانية

Mutter spielte „lakez du“
Mit den kranken Geistern
Sterne hier und da verstreut
Vom Südwind
Die Kerze im Keller
Spärlich-dünn und sterbend
Der Pförtner spielte den Alleskönner
Die Tage waren trunken

Sollen wir wirklich gleich
Zur Schlacht in Kergidu?

In Gwiomarc’hs  Buchladen
Wurden Schafe gezüchtet
Gänzlich gerupft ist der Schwanenkörper
Fest und Mahl für die Würmer
Der Großcousin des Uhrmachers
Saugte nur eingedickte Milch
Der Lolori Brunnen – wie ein Metronom
Verspritzt kochenden Met

Die atemlose Nachbarin
rannte nach Kammlann
Alan der Fuchs ohne Schwanz
Machte Butter
Fischer kamen zurück
Mit leeren Netzen
Zwischen Triagozh und Tarv
Lag das Bett des Todes

Sollen wir wirklich gleich
Zur Schlacht in Kergidu?

Die verkrüppelten Kinder im Hof
Hätschelten ihre Ängste
Schneeschauer aus dem Norden
Versperrten die Bucht
Der Apostel sprach
Immer wieder französische Sätze
Kein Pferd wieherte
Auf dem roten Sand des Schulhofs

Sollen wir wirklich gleich
Zur Schlacht in Kergidu?

Übersetzt von Nora–Eugenie Gomringer

GWALENN AR GWALLEREZH

البريتونية | Bernez Tangi

An erc’h gwenn-kann a gan ar c’hann
Ar werc’hez koant a ev an tan
Ar gwad e noazh a fuilh ’vel boaz
An oad er wazh ’n em skuilh ’vel troazh

Ur gwaz ’ lec’h all – Er penn all d’ar ganol
O c’hortoz dirak ur c’hagn – En e glopenn ur morzhol
Barv foutouilhek – Fri garv – Lagad faro
Sparfell gant skilfoù – C’hoant ruz er c’horf

Ur plac’h en traoñ – Gwisket berr – Kroc’hen tener
Divesker kroaziet – Kroazlez strizh – Oc’h ober stamm
Amann en he ribod – Dourenn en he chakod
Gant soñjoù skañv – Ar c’hoant e kañv

An arnev a gas ar stêr betek ar poull
En deiz-se den ne wel sklaer – Pep tra ’ zo sioul
Emañ ar wask war ar skluzioù – Dall an dluzh
Emañ ar gwaz o kalfichat ruzoni e dal
N’eus c’hoazh netra c’hoarvezet – Kelien o sardoniñ
Melchon ruz ha piz-logod o chom dibreder dindan an avel
Koulskoude emañ an naer o taskrenañ –
Ar razh o firbouchal
Broñsoù ar broenn a drid dindan bronn ar plac’h

An nadoz-aer a zisklip he stripoù ’ kreiz ar goañv
An den ’n deus gwelet ar plac’h dre ar brouskoad
Spiañ a ra anezhi – Ar c’hwezenn o tiverañ war e dal
Bouzaret gant safar e c’hoant – Bamet – Speget – Dall

Hag en un taol emañ warni –
Turzhunell dic’hastet –
An torfed

© Bernez Tangi

Die Geißel der Vergewaltigung

الألمانية

Der  hellweiße Schnee besingt den Vollmond
Die schöne Jungfrau trinkt das Feuer
Das nackte Blut wie immer im Fluß
Das Alter im Bach ergießt sich wie Urin

Ein Mann anderswo – Am anderen Ende des Kanals
Wartet er vor einem Kadaver – In seinem Schädel ein Hammer
Wirrer Bart – Spitze Nase – Wildes Auge
Sperber mit Krallen – Rotes Verlangen im Körper

Ein Mädchen unterhalb – Kurz bekleidet – Zarte Haut
Gekreuzte Beine – Schmale Hüfte – Strickend
Butter in ihrem Butterfass – Nässe in ihrer Tasche
Mit leichten Gedanken – Das Verlangen in Trauer

Das Gewitter bringt den Fluss bis zum Teich
An diesem Tag sieht niemand klar – Alles ist still
Druck ist auf den Schleusen – Blind die Forellen
Der Mann schnitzt die Röte seiner Stirn
Noch nichts passiert – Fliegen brummen
Roter Klee und Wicken bleiben sorglos unter dem Wind
Doch die Schlange zittert –
Die Ratte wühlt sich fort
Die Knospen der Binsen erschaudern unter dem Busen des Mädchens
Die Libelle gibt ihr Innerstes preis mitten im Winter
Der Mann hat das Mädchen durch das Gebüsch geblickt
Er beobachtet sie – Der Schweiß tropft von seiner Stirn
Betäubt vom Lärm seines Verlangens – gebannt – starr – blind

Und auf einmal ist er auf ihr –
geschossene Taube –
Das Verbrechen

Übersetzt von Nora–Eugenie Gomringer

DIWALL ! OSPITAL !

البريتونية | Bernez Tangi

Prenestroù an ospital
da skeiñ, da skeiñ da benn dall

Me ’m eus ur c’hoar en oabl
dimezet eo ga’n nabab

Klask a rez ster ar gerioù
ba’ geriadur an nozioù

pa vin kozh
diouzh an noz
me a c’hoario

Erru eo poent al louzeier
uhel an heol er parkeier

Un dra bennak a zo fall
ba’ kevredigezh ar c’hig-sall

Ur rozenn war ur bern teil
troit, troit ma meilh

pa vin kozh
diouzh an noz
me a c’hoario

Marmouzed gwisket e gwenn
gant tog an urzh war o fenn

Ba’ palez ar prokulor
eo bet ganet va fulor

Bet on bet war korf ma roched
ba’ rouantelezh an Abred

pa vin kozh
diouzh an noz
me a c’hoario

Kapoioù kaouedoù houarn
strinkelloù en o daouarn

Va mestrez n’eo ket medisin
’n he heñchoù hi he deus bezhin

Treset eo itron ar melchon
war daoulagad ar merion

pa vin kozh
diouzh an noz
me a c’hoario

© Bernez Tangi

Achtung! Krankenhaus!

الألمانية

Du stößt, stößt deinen blinden Kopf
an die Fenster des Krankenhauses

Ich habe eine Schwester im Himmel
sie ist mit dem Nabab  verheiratet

Du suchst den Sinn der Wörter
im Wörterbuch der Nächte

wenn ich alt bin
                liebe ich
                in der Nacht

Es wird Zeit für die Medikamente
die Sonne steht hoch über den Feldern

Etwas ist faul
im Staate des Specks

Eine Rose auf einem Misthaufen
es dreht, dreht meine Mühle

wenn ich alt bin
                liebe ich
                in der Nacht

Weißgekleidete Affen
mit dem Hut der Ordnung auf ihrem Kopf
Im Palast des Staatsanwaltes
wurde meine Wut geboren

In Hemdsärmeln war ich
im Königreich von Abred

wenn ich alt bin
                liebe ich
                in der Nacht

Kapos eiserner Käfige
Spritzen in ihren Händen

Meine Geliebte ist keine Ärztin
Seetang hat sie in ihrer Vagina

Die Kreuzdame ist abgebildet
Auf den Augen der Ameisen

wenn ich alt bin
                liebe ich
                in der Nacht

Übersetzt von Nora–Eugenie Gomringer

BA’R MESKACH

البريتونية | Bernez Tangi

M eus an’ve’et mat ar paotr
pa ’n’eus lakaet an tan en aod
bet eo bet ’ ti ar chaloni
bet eo bet chef ur bagad bigi

’M eus an’ve’et mat ar plac’h
da eil devezh an dispac’h
’ oa-hi ga’ pevar micherour
’vont da gaout tud o klask sikour

D’ar poent-se e lâran deoc’h
ne oa na gwinizh na kerc’h
holl ar re-se oa chaseourien
den ’bet ’vit reiñ an aluzen

An hini ’n eus an’ve’et an amzer-se
’ vo dall ’vit peurest e vuhez
met, gouest eo, sur da viken
da derriñ ar seizh chadenn

Krog e oa emgann ar razhed
ar re voan, ar re galet
kalz e oant ’vit pign’ ga’ r menez
ur bern evit koll o ene
Bremañ an oabl ’vit kantvedoù
a vo leun ga’ gwad ha daeloù
ar morioù goloet ga’ erc’h
preñved doñv betek an nec’h

’Dalv ke’ ’boan deoc’h klask ar fin
deus hor bloavezhioù rivin
boued o spered zo breinadur
’ chomit ket da c’hortoz Arzhur

’M eus an’ve’et mat ar paotr
bet eo bet soudard ha martolod
bet eo bet diwaller-moc’h
lazhet ’n’eus ’vit ar peoc’h

’M eus an’ve’et mat ar plac’h
he deus renet un toull-bac’h
gwerzhet ’ deus ur wech he c’horf
en ur winstub lous en Altdorff

An daou-se zo ’barzh ar vered
war o bez armeoù a red
n’eo ket brav dibab en noz
ar pezh zo gwir, ar pezh zo faos.

© Bernez Tangi

Im Durcheinander

الألمانية

Ich habe den Mann erkannt
als er ein Feuer am Strand legte
er war im Haus des Domherren
und Anführer einer Flotte von Booten

Ich habe die Frau erkannt
am zweiten Tag des Aufstandes
zusammen mit vier Arbeitern
suchte sie Menschen die Hilfe brauchten

Zu jener Zeit das sage ich euch
gab es weder Weizen noch Hafer
alle waren sie Jäger
niemand hatte Almosen zu vergeben

Wer jene Zeit gekannt hat
wird den Rest seines Lebens blind sein
aber er wird für immer in der Lage sein
die sieben Ketten zu sprengen

Der Kampf der Ratten hatte begonnen
die mageren, die zähen
viele waren es die den Berg erklimmen wollten
zahlreich die ihre Seele verloren

Jetzt wird der Himmel jahrhundertelang
voller Blut und Tränen sein
die Meere mit Schnee bedeckt
zahme Würmer bis oben hin

Es bringt euch nichts das Ende zu suchen
der Jahre unseres Ruins
die Nahrung ihres Geistes ist Fäulnis
wartet nicht auf Arthur

Ich habe den Mann gut gekannt
er war Soldat und Matrose
er war Schweinehirt
er hat für den Frieden getötet

Ich habe die Frau gut gekannt
sie hat ein Gefängnis geleitet
einmal hat sie ihren Körper verkauft
in einer schmutzigen Weinstube in Altdorff

Die Beiden liegen auf dem Friedhof
über ihr Grab laufen Armeen
es ist nicht leicht nachts zu unterscheiden
was wahr ist und was falsch.

Übersetzt von Nora–Eugenie Gomringer

Wij zijn evenwijdig _ (excerpt_1) [Naast mij zit een vrouw]

الهولندية | Maud Vanhauwaert

Naast mij zit een vrouw. Ze weent en zegt
'excusez-moi'. Ik zeg 'ce n'est pas grave'. Zij
zegt 'si c'est grave, vous n'en savez rien'.
'Dat is waar' zeg ik 'ik weet er helemaal
niets van'. Ons gesprek is geen einde geen
begin. Zoals alles in een stad valt het er-
gens tussenin _



Er grolt een handtas, iedereen kijkt op.
Een vrouw ritst een hond tevoorschijn.
'Rustig maar, mama is hier'. Ze ritst nog
wat verder, rijdt in het vlees van de hond.
Hij jankt. 'Rustig maar' sist zij en de mas-
sa schreeuwt 'mama is hier' _



Op de schoot van de wenende vrouw ligt
een grote klomp deeg. Ze begint te kne-
den. 'Dat doe ik altijd als alles dreigt uit-
een te vallen. Hoe meer je kneedt hoe
beter het kleeft' _



Nog voor ze haar romp over de klomp
heen kan buigen, graaien vreemde handen
naar het deeg. Beringde handen, klamme
kinderhanden, gerimpelde handen, ook
de handen van een Chinees. Hij kneedt
niet, hij pulkt. De vrouw kletst hem vlak
in het gezicht.'Ik heb geen rimpels, het
zijn de kneepjes die het leven mij gaf' _



De vrouw naast mij weent niet meer. Het
deeg op haar schoot staat in pieken. Ik ver-
lies haar in de massa, de metro-massa, die,
zoals de zee pas breekt aan het oppervlak,
pas breekt en schuimt bovengronds _

© Maud Vanhauwaert
from: Wij zijn evenwijdig_ Raken elkaar in het oneindige_ En we rennen_
Amsterdam: Querido, 2014
Audio production: Literaturwerkstatt Berlin, 2015

Wir sind parallel _ (Auszug_ 1) [Neben mir sitzt eine Frau]

الألمانية

Neben mir sitzt eine Frau. Sie weint und sagt:
'Excusez-moi'. Ich sage: 'ce n’est pas grave'. Sie
sagt: 'si c’est grave, vous n’en savez rien'. 'Das
ist wahr', sage ich, ich weiß davon gar nichts'.
Unser Gespräch ist kein Ende, kein Beginn.
Wie alles in einer Stadt fällt es irgendwo hin_



Es knurrt eine Handtasche, alle sehen auf.
Eine Frau bringt Zahn um Zahn einen Hund zum Vorschein.
'Sei ruhig, die Mama ist hier'. Sie öffnet
den Reißverschluss noch etwas weiter, reißt dem Hund ins Fleisch.
Er winselt. 'Sei ruhig', zischt sie und die Leu-
te schreien: 'Die Mama ist hier'_



Auf dem Schoss der weinenden Frau liegt
ein großer Klumpen Teig. Sie fängt an zu kne-
ten. 'Das mache ich immer, wenn alles aus-
einander zu fallen droht. Je mehr man knetet, desto
besser klebt et'_



Noch bevor sie ihren Rumpf über den Klumpen
beugen kann, krallen fremde Hände
nach dem Teig. Beringte Hände, klamme Kinderhände, runzelige Hände, auch
die Hände eines Chinesen. Er knetet
nicht, er zupft. Die schlägt ihm geradewegs
ins Gesicht: 'Ich habe keine Runzeln, das
sind die kleinen Kniffe, die das Leben mir gab'_



Die Frau neben mir weint nicht mehr. Der
Teig auf ihrem Schoss ist ausgefranst. Ich ver-
liere sie in der Menge, der U-Bahnmasse, die
wie das Meer erst bricht an der Oberfläche,
erst bricht und dann überschäumt_

Deutsche Fassung von Nora Gomringer.
Die Übersetzung ist ein Ergebnis des Übersetzungsworkshops VERSschmuggel im Rahmen des poesiefestival berlin 2015.

De geluidsinstallatie

الهولندية | Maud Vanhauwaert

Ik was onlangs op de begrafenis van een vrouw en nadien ontmoette ik haar man, en die zei mij dat hij het zo verschrikkelijk vond van de geluidsinstallatie. Ik wist eerst niet goed wat hij bedoelde, maar later begreep ik het, en als ik er nu aan terugdenk, dan geloof ik dat dat nog het 
allerdroevigste was: dat de geluidsinstallatie.


     Dat zij daar lag, dat de kerk vol, dat er heel veel bloemen,
     en dat de geluidsinstallatie.

     Dat zij daar lag, dat de kerk vol,
     dat er iemand was die speciaal uit Duitsland - dat hoorde ik later,
     dat de broeken netjes gestreken,
     dat haar zoon voorde gelegenheid zelfs nieuwe schoenen,
     dat er heel veel bloemen.
     en dat de geluidsinstallatie.

     Dat zij daar lag, dat de kerk vol, dat er heel veel bloemen,
     dat er kaartjes, een hele mand vol,
     dat zij van overal mensen, dat zij nog veel ie jong,
     dat haar dochters, dat haar zoon, dat haar man, alleen nu,
     dat zij daar lag, stil en gestrekt, dat ik achteraan in de kerk - ik had haar
                                                                                                            nooit gekend.
     en dat de geluidsinstallatie.

     Dat zij daar lag, dat de kerk vol, dat er heel veel bloemen,
     dat de zijbeuken vol, dat er wierook,
     dat de priester ermee zwaaide,
     dat hij zei dat zij nu net zoals die wierook
     naar de hemel zou kringelen.

                          Dat ik dacht: naar de hemel kringelende wierook
                          is werkelijk de slechtste metafoor
                          voor een overleden moeder.

     Dat iedereen dacht: wat als mijn moeder ooit,
     wat als jij ooit, als de kerk vol, dat als er heel veel bloemen,
     dat dan op zijn minst de geluidsinstallatie.
            
     Dat zij nog maandenlang naar de passende muziek - dat hoorde ik later,
     dat de broeken, dat de bloemen, dat de kaartjes, dat op haar kist een portret,
     dat ik achteraan in de kerk.
     en dat ik dacht: dat wij de dood niet, tot daar aan toe,
     maar dat wij niet eens de geluidsinstallatie!

     Dat ik naar huis reed en dat dat het enige was waar ik nog aan dacht:
     dat als mijn moeder ooit, dat als jij ooit, dat als de kerk vol, dat als er heel
                                                                                                             veel bloemen.
     dat ik zal zorgen
     dat op zijn minst de geluidsinstallatie prima.

     Perfect.

© Maud Vanhauwaert
from: Wij zijn evenwijdig_ Raken elkaar in het oneindige_ En we rennen_
Amsterdam: Querido, 2014
Audio production: Literaturwerkstatt Berlin, 2015

Mikrofonanlage

الألمانية

Vor kurzem war ich auf der Beerdigung einer Frau und nachher begegnete mir ihr Mann, und er sagte mir, dass er es so schrecklich fand, das mit der Mikrofonanlage. Ich wusste erst gar nicht, was er meinte, aber später verstand ich, und wenn ich jetzt daran zurückdenke, dann glaube ich, dass das wirklich am aller-traurigsten war: das mit der Mikrofonanlage.

     Dass sie da lag, dass die Kirche voll, dass es ganz viele Blumen,
     und dass eben die Mikrofonanlage.

     Dass sie da lag, dass die Kirche voll,
     dass es jemanden gab, der speziell aus Deutschland gekommen – das
                                                                                                         erfuhr ich später,
     dass die Hosen, ordentlich gebügelt,
     dass ihr Sohn für diese Gelegenheit sogar neue Schuhe,
     dass es ganz viele Blumen,
     und dass eben die Mikrofonanlage.

     Dass sie da lag, dass die Kirche voll, dass es ganz viele Blumen
     dass es Karten, einen ganzen Korb voll,
     dass sie Leute von überall, dass sie noch viel zu jung,
     dass ihre Töchter, dass ihr Sohn, dass ihr Mann, alleine jetzt,
     dass sie da lag, leise und ausgestreckt, dass ich hinten in der Kirche – ich
                                                                                                       kannte sie gar nicht,
     und dass eben die Mikrofonanlage.

     Dass sie da lag, dass die Kirche, dass es ganz viele Blumen
     dass die Seitenschiffe voll, dass es Weihrauch,
     dass der Priester damit hin und her schwang
     dass er sagte, dass sie sich nun, genau wie der Weihrauch,
     in den Himmel kringelte.

                         Dass ich dachte: in den Himmel kringelnder Weihrauch,
                         ist wirklich die schlechteste Metapher,
                         für eine gestorbene Mutter.

     Dass jeder dachte, was, wenn meine Mutter je,
    was, wenn du je, wenn die Kirche voll, dass, wenn es ganz viele Blumen,
     Dass dann wenigstens eben die Mikrofonanlage.

     Dass sie schon monatelang nach der angemessenen Musik gesucht – das
                                                                                                       erfuhr ich später,
     dass die Hosen, dass die Blumen, dass die Karten, dass auf ihrem Sarg
                                                                                                                  ein Porträt,
     dass ich hinten in der Kirche
     und dass ich dachte: dass wir den Tod nicht, das geht ja noch,
     aber das wir nicht einmal die Mikrofonanlage!

     Dass ich nach Hause fuhr und dass das, das einzige war, woran ich dachte:
     Dass, wenn meine Mutter je, dass, wenn du je, dass, wenn die Kirche voll,
                                                                                  dass, wenn es ganz viele Blumen,
     dass ich dafür sorgen würde

     dass die Mikrofonanlage wenigstens gut, wenn nicht perfekt. 

Deutsche Fassung von Nora Gomringer.
Die Übersetzung ist ein Ergebnis des Übersetzungsworkshops VERSschmuggel im Rahmen des poesiefestival berlin 2015.

Arvestykke CCCXXXIII, psi= x(ψ + 10¹ºº)

النرويجية | Torild Wardenær

Gi meg en P! Helst Pluto med sine måner av natt og underverden, Charon, Nix og Hydra, og hvis alt går etter planen, sonden New Horizon som i 2015 vil ankomme i fredelig ærend.
Gi meg en S! Sombrerogalaksen pyntet i infrarødt lys.
Gi meg en I! Isis og Osiris, Inanna og Dumuzi

Gi meg hva som helst – gjerne frøene som har overlevd vinteren i et astronomisk antall og
som akkurat nå vender seg i jorda mens jeg er satt til å leve videre, i en kosmologisk gullalder, omgitt av alt og
jeg slutter meg til de tre kjente dimensjonene, men jakter stadig på nye formler, noen ganger med inspeksjonsspeilet løftet høyt, andre ganger ligger det gjenglemt i en dyphavsgrøft og
glimter svart i en evighet, og selv om tiden av og til hjemsøker meg iført et slep av Goyas bevingede monstre eller ganske enkelt farer forbi, nedlesset av medaljer ment for denne verdens dystre statsledere, styrer jeg den oftest inn i en nyopprettet koloni eller lar den streife fritt mellom sine egne firdimensjonale gjemmer og
et annet felt – dette; nær, som vi alltid har trodd, men nå melder det seg
like ubesværet som en soloppgang, tiltrukket av vislingen i sitt eget navn

psi = femtedimensjonen hvor alt står i forbund og aldri går tapt
psi = subatomet – på samme tid mektig og reservert
psi = ψ, den 23. bokstaven i det greske alfabet
psi = bølgen som får himmel og jord til frivillig å skifte plass

Hva så? Vi vet jo dette og har alltid visst det.
Måtte det bare innta oss og forandre oss, måtte det bare gavne oss.

© Aschehoug
from: Psi
Oslo: Aschehoug, 2006
Audio production: 2007, Skrivekunst-akademiet i Hordaland

Erbstück CCCXXXIII, psi=x(ψ + 10¹ºº)

الألمانية

Gib mir ein P! Am besten Pluto mit seinen Monden aus Nacht und Unterwelt,
Charon, Nix und Hydra, und, wenn alles nach Plan geht, die Sonde New
Horizon, die 2015 in friedlicher Absicht dort ankommen wird.
Gib mir ein S! Die Sombrerogalaxie in infrarotes Licht getaucht.
Gib mir ein I! Isis und Osiris, Inanna und Dumuzi.

Gib mir, was auch immer – gerne die Samen, die den Winter überlebt haben
in astronomischer Zahl und
die sich gerade jetzt in der Erde wenden, während ich gezwungen bin,
weiterzuleben, in einem kosmologischen Goldenen Zeitalter, umgeben von
allem und
ich schließe den drei bekannten Dimensionen an, bin aber ständig auf der
Jagd nach neuen Formeln, manchmal ist der Spiegel zur Inspektion hoch
erhoben, manchmal liegt er vergessen in einer Tiefseerinne und
glitzert schwarz eine Ewigkeit lang, und auch wenn mich die Zeit ab und zu
heimsucht, angetan mit einer Schleppe von Goyas geflügelten Monstern,
oder einfach vorbeisaust, beschwert mit Medaillen, die den düsteren
Staatsführern dieser Welt zugedacht sind, dirigiere ich sie oft in eine neu
errichtete Kolonie oder lasse sie frei umherstreifen. In ihren eigenen
vierdimensionalen Winkeln und
ein anderes Feld – dieses; es ist nah, wo wir es immer vermutet haben; aber
nun meldet es sich so unbeschwert wie ein Sonnenaufgang, angezogen vom
Zischen seines eigenen Namens

psi = die fünfte Dimension, in der alles im Verbund ist und nie verloren geht
psi = das Subatom, gleichzeitig mächtig und reserviert
psi = ψ, der 23. Buchstabe des griechischen Alphabets
psi = die Welle, die Himmel und Erde dazu bewegt, einander freiwillig
abzuwechseln

Und nun? Wir wissen das ja und haben es immer gewusst.
Möge es uns nur einnehmen und uns verändern, möge es uns nutzen.

Aus dem Norwegischen von Nora Gomringer und Ine Sollie Narten

Arvestykke CCXCIV, Usikret I

النرويجية | Torild Wardenær

Mot Skytten, tjuefem tusen lysår herfra, raver den unge Pistolstjernen rundt i sin egen detonerte masse, hundre og femti ganger sterkere enn solen, fullt ladd, usikret og ute av skjeftet.
Ikke at jeg lar meg true, men jeg løfter likevel armene og stiller meg opp mot en vegg
gir frivillig fra meg mine personalia

rike: animalia
rekke: chordata
orden: primat
familie: hominidae
slekt: homo
art: sapiens
habitat: terrestrisk og

sent i evolusjonsrekken, med epiteler og ryggrad og sirkulasjonsorganer fullt utvokst og av en ætt som er dels ukjent, dels milanesisk, men jeg innrømmer også nedstammingen fra skallus, flimmerormer og ikter, at jeg tilhører en høyt utviklet art, men at jeg ennå ikke er i stand til å elske min neste, innrømmer at selv mine mest uselviske handlinger kan telles på en hånd noe den bleike himmelen over meg misbilligende har vært vitne til og bakenfor fyrer Pistolstjernen løs i alle retninger mens jeg trykker meg inn mot en vegg
viser fram ansiktet mitt som om det skulle være et kosmisk merke, som om det skulle gi meg fritt leide.

© Aschehoug
from: Psi
Oslo: Aschehoug, 2006
Audio production: 2007, Skrivekunst-akademiet i Hordaland

Erbstück CCXCIV, Ungesichert I

الألمانية

In Richtung des Schützen, fünfundzwanzigtausend Lichtjahre von hier entfernt, taumelt der junge Pistolenstern in seiner eigenen detonierten Masse, hundertundfünfzig mal stärker als die Sonne, voll geladen, ungesichert, aus dem Schaft heraus.
Nicht, dass ich mir drohen ließe, aber ich hebe dennoch die Arme und stelle mich an die Wand
gebe freiwillig meine Personalien an

Reich: Animalia
Stamm: Chordata
Ordnung: Primaten
Familie: Hominidae
Gattung: Homo
Art: sapiens
Habitat: terrestrisch

ein spätes Glied der Evolutionskette, mit voll ausgebildetem Epithel und Rückgrat, sowie Zirkulationsorganen, und von einer Herkunft, die teils unbekannt, teils milanesisch ist, aber ich gestehe auch mein Abstammen von den Käferschnecken, Strudel- und Saugwürmern, dass ich einer hochentwickelten Art angehöre, aber noch nicht in der Lage bin, meinen Nächsten zu lieben, gestehe, dass selbst meine selbstlosesten Handlungen an einer Hand abgezählt werden können. Was der bleiche Himmel über mir missbilligend bezeugt hat, und dahinter feuert der Pistolenstern in alle Richtungen, während ich mich an eine Wand drücke mein Gesicht zeige, als sei es ein kosmisches Zeichen, als gewähre es mir freies Geleit.

Aus dem Norwegischen von Nora Gomringer und Ine Sollie Narten

Arvestykke CCCXXX, Feltstudier II

النرويجية | Torild Wardenær

Feltstudier II

Innseilingen stille og uten motorer over grønne sjøer med berg som går ned i vannet og Jalapeñofugler i flukt over – hvordan skal jeg forklare dette: hver morgen å få et nytt vannmerke ved ankomsten til felt I fra felt II, disse områdene ikke så ulike, men ofte trekker denne reisen mellom seg noen merkelige avstander langs de mørke bergene, under de jaktende fuglene og i denne avmotoriserte seilasen fra søvnens særegne eksakthet, en rus som bare kan måles i sin egen rus og i det faste avbiktet fra den våkne verdens synd og i de store initiasjonene som må påregnes hver natt – alt i største fortrolighet og nøyaktighet sammen med et og annet utbrudd fra dyr eller mennesker i nød eller glede, skrapingen av klør mot et underlag, vannmasser i bevegelse, klapring fra fremmede seremonier og skikker, den pågående krigen, den nesten lydløse kardinalfisken, suset fra de nærmeste fiksstjernene.

Hva skal jeg si om denne samtidigheten som blander seg med de skarpe skrikene fra de jaktende Jalapeñofuglene?
Et øyeblikks absolutt gehør blir uventet innvilget meg og jeg griper selvfølgelig sjansen, identifiserer tonen nøyaktig i overgangen mellom felt I og felt II og sier:
«Det er en ciss.»

© Aschehoug
from: Psi
Oslo: Aschehoug, 2006
Audio production: 2007, Skrivekunst-akademiet i Hordaland

Erbstück CCCXXX, Feldstudien II

الألمانية

Feldstudien II

Das Hineinsegeln still und ohne Motoren über grüne Seen mit Bergen, die ins Wasser reichen und Jalapeñovögeln im Flug darüber – wie soll ich dies erklären: jeden Morgen ein neues
Wasserzeichen zu erhalten bei der Ankunft in Feld I von Feld II kommend, diese Gebiete nicht so unähnlich einander, aber oft beschreibt diese Reise einige merkwürdigen Abstände zwischen sich, entlang den dunklen Bergen, unter den jagenden Vögeln und in diese entmotorisierte Segelfahrt, aus der eigentümlichen Exaktheit des Schlafes, ein Rausch, der nur in seinem eigenen Rausch gemessen werden kann und in der Abbitte von den Sünden der wachen Welt und in den großen Initiationen, mit denen zu rechnen ist in jeder Nacht – alles in größter Vertrautheit und Genauigkeit, gepaart mit dem einen oder anderern Ausbruch von Tieren oder Menschen in Not oder Freude, das Kratzen von Krallen auf einer Unterlagen, Wassermassen in Bewegungen, Klappern von fremden Zeremonien oder Bräuchen, dem anhaltenden Krieg, dem fast lautlosen Kardinalfisch, dem Sausen der nahsten Fixsterne.

Was soll ich über diese Gleichzeitigkeit sagen, die sich mit den scharfen Schreien der
jagenden Jalapeñovögel mischt?
Das absolute Gehör des Augenblicks wird mir unerwartet gewährt, und ich ergreife natürlich die Gelegenheit, identifiziere den Ton genau im Übergang von Feld I zu Feld II und sage:

«Es ist ein Cis.»

Aus dem Norwegischen von Nora Gomringer und Ine Sollie Narten