Andrea Heuser
vor dem verschwinden - DIES HAUS
vor dem verschwinden - DIES HAUS
DIES HAUS. sein rotbrauner ton
sein verschwommener umriss
wispern – das flussufer klart auf
schienen, gestrüpp, stilles gestein
was fürchtest du dich?
diese tür teilt keinen schritten
ihr innen und außen mehr zu
vagabundengesichter, flüchtige
stimmen bewohnen ihr holz – wir wollen
nicht wissen, ob du dich erinnerst
dies zimmer. zarter staub rieselt
durch seinen mund. kein winkel
kein buch in den regalen, das nicht
bebt – du bist nicht mehr
an meinem zukünftigen tag
dieser fernseher ist längst aus seinem bild gefallen
in seinem bauch nisten zuweilen die tauben
auch auf dem zersessenen sofa federn, gesprenkelter dreck
du leertest hier deine venen – ich werde dich nicht
berühren. ich werde dich nicht berühren
dies fenster. sein sperriger blick
ruht im rechteck. karge tage –
das gras wächst dir über die kante
so wie man fortwächst in fremdem
gedächtnis
dieser schaukel dort fehlt es an rücken
der wind verfängt sich nicht mehr
er zerrt an den streben – ich habe
jasmina fliegen sehen, ich legte mich
unter ihr haar, hob es zu schwingen,
nun aber ist der himmel
wie ein vogel über gräbern
und wie vor einer tür
die man abgesperrt hat
hämmert irgendwer, hämmert –
* „Der Himmel ist /wie ein Vogel über Gräbern, / und wie vor einer Tür, /die man abgesperrt hat, /
hämmert, irgendwer, hämmert“: Zitat aus: Joseph Brodsky, Die Verben, in: Ders.: Haltestelle in der
Wüste, Frankfurt am Main 1997, S. 7.