Lutz Seiler
neunundsechzig, altes jahrhundert
neunundsechzig, altes jahrhundert
entsannen die schritte das dunkel, die pause
zur stunde im holz, das läuten über der treppe, die schläge
zum dingwort das merksalz, geduckt
& ertaubt hinter den ohren
stockte die zeit, von
klein auf war etwas
für später bereit, von
jeher galt länger
& früher der satz
ist ein salz
zerbrochener vögel hinter den ohren, dass
die bänke uns hatten
nicht überdauern gekonnt, die tinten, bleich
versackten die flüche & fratzen
im salz stand der hass
denn bereit, immer bereit, über
dem sockel begannen die risse, die flüsse
& ballungsgebiete, vor dem ural
metastasen des mörtels
mit öl überstrichen, dahinter
kamtschatka, gehärtet, gekalkt, bis
sachalin stand
ich zur wand, dass
amurdaja & syrdaja flossen, beschrieb
bei djamila das weinen, erkläre
wie hättest
du selber geweint & was ist der pflug, ist
die wahre schwere der scheinbaren lehre
das scholochow-kummet
am hals nur ein tuch
bin ich das neuland
seid ihr mein fluch, amboss
oder kortschagin, die kranke
und die frierende hand war die haut
auf der wand & der kalk & die schwerkraft
gepresst auf den lippen, einzeln & flüsternd:
lieb draht lieber gott frau
bakuski lass, aber mach, ein weinen
geht ab
in die öfen, ab
durch die wand, ab
in die asche über den hof, doch
was ist ein weinen, die schwerkraft
misslang, das licht
beschlug im gegenlicht, die sterne
stiegen an
den panzerlafetten über das glas
auf den verklebten flügeln der fenster
hinaus in den luftraum
über dem pakt
stand der schlaf
denn bereit, immer bereit & das ICH
stand zur wand, der sockel
war kühl an den lippen
verbrannt, nur
die fort gekonnt hatten
waren vertrieben, die kamen
jetzt stumm von den schiffen zurück
den tischen herauf
auf ihre salzgitter
quartiere, ergänzten
die plattform, das öl & die fremde
um ihre last, ergänzten
den fortgang der dinge, das warten
mit dummheit, die schmelze
mit blicken ins dunkel
hinaus & schollen
mit scham, die
endlich zerplatzten
unter den stapfen
über dem lichtschacht
unter dem hofdienst
stand auch die hoffnung bereit, immer bereit, ein
eiserner handlauf
umkreiste den hof, die kastanien, die köpfe
flogen am schlag
zurück in den nachkrieg
den quark mit gedämpften
kartoffeln zurück in den ersten
fahnenappell, verräter des pflugs: wir gingen
im kreis, wir
umkreisten die milch
in gefässen des gehens
verschorften die schritte
die flucht
eines groben, gestellten dunkels
verschloss das gewölbe, herunter
gestreckt am geflecht einer pritsche, das
war der mittag, der schlaf
lag erblindet an den händen, banderolen
von schweiss:
sie hatten den docht noch herunter geschnitten.
kamen herein.
löschten das licht
zwischen den fingern; waschraum, auftritt
& wachtraum der redefiguren; schritte zum fenster & wackeln
mit allen gardinen spitzen, frau
bakuski muss sterben, oha, frau bakuski
...blindsein & schweigen unter der decke
färbten die schatten
über den augen, ein
kindliches eiter, das wirkliche blau
blieb in den winkeln
verschlossen, stand
die scham nicht bereit, immer bereit
im wechsel der zeit
reifen weisse kastanien in den taschen, die lerche
ersticht den lerchensonntag, die lampe
im schotter, die trachten
der trinker & ihre terrassen & flaschen
gereift in den taschen, der stein
ist ein wechsel auf zeit: der vogel
der im flug krepiert, das auge
starrt den himmel an & auf
verlassnen umlaufbahnen
kreist die tote hortnerin, schlafe, hypnos
bitterschuh & ranzen kreisen, beutel & büchse, die
brottasche kreist, der turnbeutel
kreist da draussen, schlafe, hypnos, kreise
der am kaffeegrund entrückten, ent-
zündeten depressionen, im waschtrakt
im lachen der schafe
wuchsen
noch siebzig stein baracken, fleisch-
batterien über die hügel
am rande der nacht, ist
das schlafkind jetzt bereit, immer bereit
lehnt es da draussen, lawede
in seinem zerbrochenen gatter
in seinem
laufstall hinter dem mond, halb
im kot & halb im tod, stimmt an, lied durch, ich bin
bereit:
holt der vater links
schlägt aus holt rechts
schlägt aus gesenkt
vom kopf das kind
heraus die mutter
schüttelts träumelein
blutig aus dem bäumelein, schau an
mich mir, ich red mit dir
mit tränen drin, mit
schöpfung drin im blut
& allen
abgebissnen zacken ihrer krone.